Kritik an United von allen Seiten: Zu viele Superstars – kein Team
Noch nie hat ein englischer Klub so viel Geld ausgegeben wie in diesem Jahr Manchester United. Fast 200 Millionen Euro investierte Louis van Gaal in den Kader. Nach dem verpatzten Saisonstart der Red Devils prasseln nun früh die Vorwürfe auf den Niederländer ein. Im Zentrum der Kritik stehen dabei nicht die Ein-, sondern die Verkäufe.
Man wird den Eindruck nicht los, dass Manchester United seit der Ära Sir Alex Ferguson ins Bodenlose abstürzt. Der Träger des britischen Ritterordens leitete knapp 27 Jahre die Geschicke des englischen Rekordmeisters. Folglich trat sein schottischer Landsmann David Moyes im vergangenen Jahr in kilometergroße Fußstapfen – die er nicht einmal annähernd ausfüllen konnte. Nach dem katastrophalen Saisonverlauf zog die Vereinsführung im April dieses Jahr die Reißleine und schasste den früheren Trainer des FC Everton.
Interimsnachfolger Ryan Giggs konnte das Verpassen der Europa League-Plätze nicht verhindern. Kurz nach der WM in Brasilien wurde mit Louis van Gaal der gesuchte namhafte Trainer dann offiziell vorgestellt. Den eigenbrötlerischen Coach stattete man mit einem astronomischen Transferbudget von 240 Millionen Euro aus, um den Umbruch zu forcieren. Am Ende der Transferperiode wurden rund 194 Millionen in Ángel di María, Luke Shaw und Co. investiert.
Platz Drei ist das Ziel
Das neu-zusammengestellte Team muss sich selbstverständlich erst finden. Zeit bekommen die ‚Red Devils‘ dafür aber nicht. „Unser Budget sieht eine Platzierung unter den Top drei vor“, gibt Vizepräsident Ed Woodward bei einem Treffen der Klubinvestoren die Richtung vor. Van Gaal wird dabei das vollste Vertrauen ausgesprochen: „Ich bin überzeugt von unserem Manager Louis van Gaal. Er verfolgt eine klare Philosophie, kann die Mannschaft wiederbeleben und um Titel mitspielen.“
Der bisherige Saisonverlauf zeichnet ein anderes Bild. Ende August schied United gegen den Drittligisten FC Milton Keynes Dons mit einem peinlichen 0:4 aus dem Capital One Cup aus. In der Premier League belegt ManUnited nach zwei Unentschieden aus drei Spielen, darunter ein mageres 0:0 gegen Aufsteiger FC Burnley, den 14. Tabellenplatz. Die Kritiker sind alarmiert.
Kritik am Verkauf von Welbeck
„Es ist nicht die Art und Weise, die ich von United auf dem Transfermarkt erwarte. Ich dachte, man verhandelt kontrollierter“, stellt Klubikone Gary Neville gegenüber dem ‚Daily Star‘ die Einkaufspolitik infrage. Stein des Anstoßes für viele dem Klub nahestehende Experten sind die Veränderungen im Sturm. „Mit Falcao sind sie über die Grenze gegangen, das hat jeden überrascht und geschockt“, so Neville, der sich zudem im ‚Guardian‘ kritisch über den Verkauf von Danny Welbeck zum FC Arsenal äußert: „Wie konnte man Welbeck für 20 Millionen verkaufen? Ich kann das bis heute nicht verstehen. Er ist ein Stürmer und verstärkt nun einen direkten Konkurrenten. Ich tu mich schwer, die Logik dahinter zu erkennen.“
Ins gleiche Horn stößt der frühere United-Mittelfeldspieler Bryan Robson. „Ich hätte Danny nicht verkauft. Er ist ein guter und ehrlicher Junge. Von ihm bekommt man immer in jedem Spiel 100 Prozent. Er ist nie verletzt und war immer ein guter Teamspieler“, so der 57-Jährige, der zwischen 1981 und 1994 345 Pflichtspiele für Manchester absolvierte.
Die Suche nach dem Team
Die Frage alle Fragen ist, wie van Gaal aus der kostspielig neuformierten Mannschaft ein Team kreieren will. Dass der Niederländer mittlerweile mit einer Dreierkette spielen lässt, macht die Bildung einer homogen funktionierenden Truppe nicht einfacher. Aber auch im Sturm stellt sich die Frage, wer wo zum Einsatz kommen wird. Mit Radamel Falcao, Robin van Persie und Kapitän Wayne Rooney verfügt United über drei etatmäßige Mittelstürmer. Rooney könnte im niederländischen WM-System von van Gaal sicher auch hinter der Spitze agieren. Dann wäre aber kein Platz mehr für den spanischen 45-Millionen-Wintereinkauf Juan Mata.
„Wie van Gaal Rooney, di María, van Persie, Falcao, Herrera, Januzaj und Mata zu einem Team formen will – ich habe keine Ahnung“, äußert sich auch Giggs skeptisch. Robson geht zudem nicht davon aus, dass United ein ernsthafter Konkurrent um die Meisterschaft sein wird: „Ich glaube nicht, dass sie bereit sind, Chelsea oder Manchester City in der Premier League ernsthaft herauszufordern.“
Da United weder für die Champions- noch die Europa League qualifiziert ist, wird es ein große Mehrfachbelastung in diesem Jahr nicht geben. Angesichts dieser Tatsache ist der Kader der ‚Red Devils‘ mit Topstars schlicht aufgebläht. Neben dem Problem, nicht eingespielt zu sein, droht somit die Gefahr, dass einige Stars oder verdiente Routiniers ungewohnt häufig als Stammspieler auf der Bank Platz nehmen müssen – Spannungen im Team sind somit vorprogrammiert.
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