FT-Kurve La Liga

Spanische Enthaltsamkeit: Darum gab La Liga nur 26 Millionen aus

Innerhalb der Top5 belegt die spanische La Liga sowohl bei den Ausgaben als auch bei den Einnahmen über die vergangenen fünf Jahre den letzten Platz, den vorläufigen Tiefpunkt markiert der zurückliegende Wintertransfermarkt. Das ligainterne Financial Fairplay hat seine gesamte Wirkung entfaltet und könnte als schillerndes Beispiel für alle anderen Länder dienen.

von Remo Schatz
3 min.
Javier Tebas @Maxppp

Sportlich betrachtet ist die spanische La Liga eine der besten der Welt. Und auch auf dem Transfermarkt gab das Zuhause des 15-maligen Champions League-Siegers Real Madrid lange Zeit den Ton an. Über Jahre war es fast schon eine Art manische Obsession von Real-Präsident Florentino Pérez, vor jeder Spielzeit einen neuen Superstar an Land zu ziehen. Beginnend zum Amtsantritt 2000 mit Luís Figo über Zinedine Zidane und Cristiano Ronaldo bis hin zu Jude Bellingham und im vergangenen Sommer Kylian Mbappé.

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Neuer spanischer Trend

Trotz der zwei letztgenannten Blockbuster-Transfers ist in den vergangenen Jahren ein neuer spanischer Trend auf dem Transfermarkt zu registrieren. Was die kumulierten Transferausgaben anbelangt, zählt La Liga längst nicht mehr zur Spitzengruppe. Und dennoch ist der zurückliegende Wintermarkt mehr als bemerkenswert.

Die 20 spanischen Erstligisten investierten zusammengenommen lediglich 26 Millionen Euro in neues Personal. Allein die Hälfte davon entfällt auf einen einzigen Transfer, der Wechsel von Cucho Hernández zu Betis Sevilla wenige Minuten vor Transferschluss.

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2. Bundesliga gab mehr aus

Zur Einordnung: Die englische Premier League gab – angeführt von Manchester City mit Ausgaben von 243 Millionen Euro – über 500 Millionen für neues Personal aus. Durchschnittlich investierte jeder englische Erstligist in etwa genau so viel wie die spanische Liga. Selbst die 2. Bundesliga, die russische, mexikanische und belgische Liga gaben mehr aus als die Iberer.

Es mag einem die Weisheit in den Sinn kommen, wer im Sommer gut arbeitet, muss im Winter nicht nachlegen. Die Gründe in Spanien sind jedoch vielschichtiger und hängen vor allem mit dem wohl restriktivsten finanzregulatorischen System des Weltfußballs zusammen. Vor allem beim FC Barcelona ist Liga-Chef Javier Tebas deshalb Persona non grata. Regelmäßig fährt er den Katalanen in die Parade und verhindert oder blockiert zumindest, dass Barça neue Spieler registriert.

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Tebas beweist, dass es geht

Der oberste Regelhüter hat es sich zur Aufgabe gemacht, die spanischen Richtlinien zur bilanzorischen Besonnenheit bis auf das letzte Komma durchzusetzen. Wo das UEFA Financial Fairplay ein zahnloser Tiger ist, beweist Tebas, dass es auch anders geht.

Dass sich die regulatorisch übergestülpte Zurückhaltung einzig im sozialistisch regierten Spanien durchgesetzt hat, ist sicher kein Zufall. Kern des Systems bildet der aus dem US-Sport entlehnte und im europäischen Klubfußball einzigartige Salary Cap.

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Auch Verkäufe im Sinkflug

Eine eher unbeabsichtigte Folge der Gehaltsobergrenze ist die Tatsache, dass die spanischen Erstligisten ihre Budgetgrenzen bereits im Sommer voll ausschöpfen. Neues Budget kann zwar durch Verkäufe im Winter freigeschaufelt werden, dies führt jedoch zur zweiten Beobachtung, warum die Primera División ein Einhorn in Europa ist: Auch die Verkäufe sind in Spanien stark zurückgegangen.

Weniger als 50 Millionen Euro erwirtschafteten spanische Klubs im Januar mit Verkäufen. Die französische Liga führt dieses Ranking mit rund 275 Millionen Euro an, die Bundesliga kommt auf 144 Millionen Euro. Und auch hier, selbst Mexiko, Russland und Belgien liegen vor Spanien. Laut der ‚Mundo Deportivo‘ sind die Spielerverkäufe in den vergangenen vier Jahren um stolze 50 Prozent zurückgegangen. Es gilt der Grundsatz: Wenn du dich nicht schwächst, musst du dich auch nicht verstärken.

Positive Effekte allerorten

Die positiven Effekte liegen auf der Hand, auch abseits vom Rekord-Klub-Weltmeister aus Madrid. Abgesehen von den Blaugrana sind die spanischen Klubs finanziell durchweg gesund und, was noch viel wichtiger ist, in keiner Weise vom Transfermarkt respektive Spielerverkäufen abhängig, um zu überleben. Deals werden mit mehr Bedacht und Weitsicht getätigt, Transfermissverständnisse sind deutlich seltener als beispielsweise in England.

Darüber hinaus stärkt die Enthaltsamkeit bei Transfers auch den hiesigen Markt. Junge spanische Talente haben in La Liga bessere Chancen, sich auf höchstem Niveau zu entwickeln – auch und vor allem beim Sorgenkind aus Barcelona. Die Ergebnisse trägt die spanische Nationalmannschaft regelmäßig als Monstranz bei Welt- und Europameisterschaften vor sich her.

Tebas ist ein polarisierendes Streitobjekt, der 62-Jährige selbst ist ein leidenschaftlicher Streiter, aber ganz offenbar für die richtige, weil erfolgreiche Sache. Auch trotz Transferausgaben im Winter von lediglich 26 Millionen Euro steht die spanische La Liga besser da denn je. Andere Ligen sollten sich daran ein Beispiel nehmen.

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