Klopp erklärt RB-Deal: „Ich brauche keinen Heldenstatus“
Mit dem Wechsel von Jürgen Klopp in das Firmen-Imperium von Red Bull ist für viele Fußballfans in Deutschland die moderne Fußballwelt noch ein bisschen düsterer geworden. Der ehemals beliebteste Trainer der Republik wurde in kürzester Zeit bei einigen Anhängern seiner Ex-Vereine zur Persona non grata erklärt. Nun holt der Coach zum Gegenschlag aus.
Als Jürgen Klopp Anfang Oktober öffentlich verkündete, dass er im Januar seine neue Stelle als Head of Global Soccer im Klub-Imperium von Red Bull antritt, fand sich der 57-Jährige innerhalb kürzester Zeit in einem riesigen Shitstorm wieder, der auch Wochen nach der Bekanntgabe noch immer nicht vollends abgeebbt ist. Im Podcast ‚Einfach mal luppen‘ von Toni und Felix Kroos äußert sich der ehemalige Coach des FC Liverpool zum ersten Mal ausführlich zu seiner Entscheidung und den Erlebnissen der vergangenen Wochen.
Nach wie vor ist Klopp fest von seinem kommenden Karriereschritt überzeugt. „Grundsätzlich kann man seine Entscheidung ja nicht davon abhängig machen, wie die Reaktion darauf ist, wenn man damit selber im Reinen ist. Mit war aber natürlich klar, dass das in Deutschland anders wahrgenommen wird. […] Ich war neun Jahre in England und unsere Besitzer waren keine Vereinsmitglieder und haben den Klub auch nicht gekauft aus reinem Spaß an der Freude. Ich habe die Geschichte von Red Bull nie so kritisch begleitet und allein diese Aussage darf man ja schon fast gar nicht tätigen.“
Ab Januar an der Seite von Mario Gomez
Dabei sei für ihn die Sache recht einfach gewesen: „Also, mir ging es bei der ganzen Geschichte einfach darum, dass ich mich mit 57 […] erstmal nicht an der Seitenlinie sehe. Aber es war immer für mich klar, dass ich nicht gar nichts machen werde. Und da kam die Geschichte Red Bull aufs Tableau. Und für mich ist es überragend, muss ich ehrlich sagen. Ich kann nicht wahnsinnig viel, aber vom Fußball verstehe ich ein bisschen was. Und darum geht es in diesem Zusammenhang ganz klar. Ich hatte schon immer das Gefühl, dass man als Trainer sehr, sehr häufig der einsamste Mensch im Verein ist. Ich möchte der Partner der RB-Trainer sein. Und ich freue mich wirklich darauf.“
Bei RB ist Klopp zukünftig für die Betreuung der Trainer aller Partnervereine zuständig, soll als Berater zur Seite stehen und für Wissensaustausch sorgen. Sein engster Mitarbeiter wird dabei Mario Gómez sein. Der Ex-Nationalstürmer ist bereits seit 2022 als Technischer Direktor für RB International tätig. „Hätten wir beide nie gedacht, dass es dazu mal kommt. Also, zwei Schwaben sind am Start und das wird toll. Ich habe mit ihm natürlich schon gesprochen, aber nicht inhaltlich. Das geht erst ab dem 1. Januar los“, so Klopp.
Tradition allein hilft nicht
Die Kontroverse um das Modell RB könne der gebürtige Stuttgarter nur in Ansätzen verstehen: „Mit der Fußballphilosophie kann ich mich hundertprozentig identifizieren. Die Kritik geht darum, wie es angefangen hat. Sicher haben die mal mehr Geld ausgegeben, aber das ist ja auch bei großen Vereinen so, die in die zweite Liga absteigen und mehr Geld haben als Vereine, die schon 20 Jahre da spielen. Dass das nicht unbedingt zu großem Erfolg führt oder nicht lange anhält, merkt man ja immer wieder. Wir haben große Traditionsvereine in der zweiten Liga.“
Große Tradition sorge nicht dafür, dass besser gearbeitet werde. „Wie sollte denn im Osten tatsächlich so richtig Fußball entstehen auf hohem Niveau? Es gibt wahrscheinlich Menschen, die sagen, hätte man sich bei Dynamo Dresden oder bei Hansa Rostock ein bisschen Mühe gegeben, dann wäre da auch etwas passiert. Aber man kann es da ja wirklich nicht allen recht machen. Bei Leipzig ist es nicht einfach nur Geld. Sie haben junge Spieler verpflichtet, die auch jeder andere hätte haben können. Sie haben sie aber bekommen, weil sie sich ein gewisses Image erarbeitet haben im Weltfußball.“
Die Zukunft des Fußballs mitgestalten
Prinzipiell könne der Coach verstehen, dass seine Entscheidung nicht überall gut ankommt. „Ich wollte niemandem auf die Füße treten, ganz bestimmt nicht. Und ich persönlich liebe alle meine Ex-Vereine. Wenn sich das bei den Vereinen ändert, ist das natürlich nicht cool, aber jetzt auch nicht zu ändern. […] Ich habe jetzt mitbekommen, was in Mainz auf der Tribüne gezeigt wurde, ‚alles, was ich bin, habt ihr mich werden lassen‘, dass ich das vergessen hätte. Das habe ich eben nicht. Und das sind junge Menschen auf der Tribüne.“
„Mal ohne Witz: Wenn die Mitte 20 sind, waren das Kinder, als ich da war. Woher sollen die so richtig verstehen, was damals passiert ist? Ich erwarte das gar nicht, ich brauche keinen Heldenstatus. Habe ich nie gebraucht.“
Zu Herzen nehme sich Klopp die im Internet getätigten Aussagen nicht, habe das meiste bewusst nicht gelesen: „Ich wusste, dass ich dafür richtig auf die Mütze bekomme und jetzt ist es so. Ich bin ein Fußballromantiker, ich mag, was in der Vergangenheit passiert ist. […] Aber ich bin so lange im Geschäft und wir brauchen auch eine Zukunft. Man möchte maximal erfolgreich sein, aber alles so machen, wie man es seit 20 oder 30 Jahren macht. Das ist halt schwierig. Und ein paar Leute müssen sich Gedanken machen, wie man das hinbekommt und ich wäre gerne einer davon.“
Weitere Infos