Wegen Elfmeterheld Lunin: Real vor Torwart-Dilemma
Andriy Lunin schreibt in dieser Saison bei Real Madrid sein eigenes kleines Fußballmärchen. Doch die Führungsetage der Königlichen steht damit vor einer schweren Entscheidung.
Am gestrigen Mittwochabend in der Champions League avancierte Andriy Lunin für Real Madrid zum Helden des Tages. Gegen Manchester City (5:4 n.E.) parierte der Torhüter zwei Versuche der Skyblues und sorgte dafür, dass Real im Elfmeterschießen zurückkam und den Halbfinaleinzug klarmachen konnte. Mit dem Abpfiff stürmten die Real-Profis auf Lunin zu und nahmen den 25-Jährigen mitten in die Jubeltraube.
Ungefähr von einem Abend wie dem gestrigen dürfte Lunin im Sommer 2018 geträumt haben, als er damals 19-jährig von Zorya Luganks nach Madrid wechselte. Es dürfte sein bisheriger Höhepunkt einer Saison sein, die vor wenigen Monaten noch unvorstellbar war. Denn eigentlich war Lunin zu Saisonbeginn nur als Nummer drei im Team von Trainer Carlo Ancelotti eingeplant, beziehungsweise dahin degradiert worden.
Nummer drei sticht 80-Millionen-Mann aus
Als sich Stammkeeper Thibaut Courtois (31) im vergangenen August einen Kreuzbandriss zuzog, kam Real nicht etwa auf Lunin als dessen Ersatz. Stattdessen wurde Kepa Arrizabalaga (29) vom FC Chelsea ausgeliehen. Der nach wie vor teuerste Keeper der Welt konnte aber nicht langfristig überzeugen. Ende Januar beendete Ancelotti schlussendlich die Torhüter-Rochade, seitdem gehört Lunin der Platz an der Sonne. Und der 1,91 Meter große Rechtsfuß zahlt das Vertrauen in aller Regelmäßigkeit zurück.
Im CL-Achtelfinale brachte Lunin die Leipziger Angreifer mit insgesamt neun Paraden zur Verzweiflung und stellte gleichzeitig noch einen Rekord für einen Real-Torhüter auf. Gebetsmühlenartig wiederholte Ancelotti in den vergangenen Wochen sein Vertrauen in Lunin und betonte, wie viel Sicherheit er der Mannschaft gibt. Ein Status, auf den Lunin ganze sechs Jahre hinarbeiten musste und sich jetzt die Frage stellt, wie lange noch an ihn geglaubt wird.
Courtois’ langer Schatten
Denn trotz Reha-Rückschlägen peilt Courtois sein Comeback noch zum Schlussspurt der Saison an – und könnte im Extremfall im Champions League-Finale Lunins Früchte ernten. Für den Ukrainer stellt sich der spanischen ‚Sport‘ zufolge daher die große Zukunftsfrage. Denn sein Vertrag läuft 2025 aus. Während eine Verlängerung vor der Saison noch ein Selbstläufer war, sind die Gespräche inzwischen deutlich komplizierter.
Dem Bericht zufolge will Lunin erst unterschreiben, sofern Real sportliche Garantien ausstellen kann wie zum Beispiel einen künftig fairen Konkurrenzkampf mit Courtois. Eine dauerhafte Rückkehr auf die Ersatzbank strebt Lunin nicht an. Nach Leihen zu CD Leganés, Real Valladolid und Real Oviedo sowie vier aufeinanderfolgenden Jahre als Backup will der Schlussmann endlich langfristig als Nummer eins eines Klubs im Tor stehen.
Dilemma im Sommer
Real steckt nun in einer Zwickmühle. Einerseits ist Lunins Verkaufswert aktuell so hoch wie noch nie in dessen Karriere. Andererseits müsste Madrid im Abschiedsfall einen neuen Ersatz mit gutem Potenzial verpflichten, wenn Kepa nach seiner Leihe zu Chelsea zurückkehrt. Damit würde sich eine Baustelle öffnen, die über Jahre geschlossen war.
Darüber hinaus müsste Ancelotti im Fall von Lunins Verlängerung gleich zwei potenzielle Stammkeeper bei Laune halten. Eine komplizierte Situation, die die Königlichen noch eine Weile beschäftigen dürfte. Bis dahin wird Lunin weitere Argumente für sich sammeln können.
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