Medienberichten zufolge zahlt Real Madrid bis zu 72 Millionen Euro für Endrick, laut dessen Vereinspräsidentin sind es sogar noch mehr. Wie rechtfertigt das brasilianische Wunderkind diesen Preis? FT hat nachgehakt.
Leila Pereira schreckte nicht vor dem Superlativ zurück. „Wir haben den größten Transfer in der Geschichte des brasilianischen Fußballs verhandelt“, ließ sich die Präsidentin des in São Paulo ansässigen Klubs Palmeiras am gestrigen Donnerstag in einer Klubmitteilung zitieren. Zentrale Figur dieses „größten Transfers“ ist passenderweise ein Junge, der seit dem Moment, in dem er das erste Mal die Bühne des Fußballs betreten hat, eben solche Superlative auf sich zu ziehen scheint.
Die Rede ist von Endrick, der gestern im Alter von 16-Jahren seinen Verein mit einem Schlag reich gemacht hat. Mindestens 88 Millionen Euro reicher, wenn man Pereira glauben schenken mag. Denn für ebenjene Summe wechselte Neymar im Jahr 2014 zum FC Barcelona – der bislang größte Transfer Brasiliens.
Ein besonderer Transfer
Diesmal ist es Barças Erzrivale Real Madrid, der die Geldkoffer öffnet. Den Königlichen ist es nicht fremd, für Ausnahmespieler horrende Ablösen zu zahlen, doch die Verpflichtung von Endrick ist auf verschiedene Arten bemerkenswert.
Zum einen – das Offensichtliche: Weil er erst 16 ist. Zum anderen weil er aufgrund dessen erst in zwei Jahren nach Madrid wechseln darf, wenn er die Volljährigkeit erreicht. Und zu guter Letzt weil er erst in sieben Pflichtspielen für die Palmeiras-Profis auf dem Platz stand (drei Tore, eine Vorlage).
Auch deshalb ist Endrick den meisten Fans in Europa nur ein vager Begriff, was dazu führte, dass dem gestrigen Transfer nicht nur mit Euphorie, sondern auch einer gehörigen Portion Skepsis begegnet wurde. Doch die Talentbeobachter von Real scheinen sich sicher zu sein, dass der 16-Jährige seine enorme Ablöse wert ist.
Scouts beglückwünschen Real
In Deutschland stimmen die Fachleute zu. „Es war sehr früh klar, dass es ein Spieler wird, der sehr, sehr teuer wird“, erklärt ein Scout eines Bundesligisten mit Champions League-Ambitionen, der gern anonym bleiben wollte, im Gespräch mit FT, „er ist ein technisch starker Spieler mit einer guten Bewegungsqualität. Er hat ein sehr gutes Gefühl für Räume, bewegt sich sehr gut in und um die Box. Er strahlt extreme Torgefahr aus, hat eine hohe Abschlussqualität und den klassischen Torinstinkt.“
Raum für Verbesserung gibt es bei einem 16-Jährigen aber natürlich: „Im Kombinationsspiel muss er noch besser werden. Aber alles, was um die Box und in der Box passiert, ist extrem weit für sein Alter. Das ist das, was ihn besonders macht. Wenn er es schafft, sein Kombinationsspiel zu verbessern und im Eins-gegen-Eins noch etwas filigraner und flüssiger zu werden, ist das ein Spieler mit Top-Top-Qualität.“
„Ein Ausnahmetalent“
Das deutliche Fazit des Bundesliga-Scouts: „Ich kann deshalb verstehen, dass man ihn verpflichtet hat. Man kann Real nur beglückwünschen.“ Diese Einschätzung teilt Wolfgang Meier, Chefscout beim österreichischen Bundesligisten SCR Altach: „Zum ersten Mal habe ich Endrick im Januar bei der Copa Sao Paulo U20 gesehen, wo er als 15-Jähriger zum Spieler des Turniers gewählt wurde. Da konnte man schnell erkennen, dass es sich bei ihm um ein Ausnahmetalent handelt.“
Meier erkennt sogar schon Ähnlichkeiten zu einer brasilianischen Fußballgröße: „Ich vergleiche ihn von seiner Spielart mit Romario, dem 94er-Weltmeister.“ Im selben Jahr wurde dieser übrigens auch Weltfußballer und spanischer Meister mit dem FC Barcelona. Sollte Endrick das eines Tages schaffen, würde der nächste Superlativ fällig, um das Wunderkind zu beschreiben.
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