Negativbeispiel Bellingham: FIFPro will Fußballer schützen & droht der FIFA
Immer jüngere Talente schlagen in den europäischen Topligen auf, dazu werden die internationalen Wettbewerbe seit Jahren immer weiter aufgeblasen. Die weltweit tätige Profispielervertretung FIFPro macht sich Sorgen um die Gesundheit der modernen Kicker – eine Studie zeigt nun die Probleme klar auf.
Jude Bellingham ist nicht nur ein herausragender Fußballer, Vize-Europameister und Ballon d’Or-Kandidat, er ist auch ein Negativbeispiel für die immer weiter steigenden Belastungen des modernen Profifußballs. Der 21-jährige Mittelfeldspieler von Real Madrid steht im Fokus einer Studie, die die weltweite Spielervertretung FIFPro durchgeführt hat und die anhand der Karriere des Engländers aufzeigt und verdeutlicht, dass die Anzahl seiner Einsätze die vergleichbarer englischer Spieler in der Vergangenheit bei weitem übersteigt.
Der Bericht, den die FIFPro nun vorgelegt hat, stellt einen klaren Trend bei jüngeren Spielern fest, die sehr früh sehr viel Spielzeit erhalten und warnt davor, dass diese Situation erhebliche Auswirkungen auf ihre Gesundheit und Leistungen haben könnte. Bevor Bellingham 21 Jahre alt wurde, hatte der ehemalige BVB-Kicker bereits 251 Einsätze für seine Vereine und die Nationalmannschaft absolviert. Verglichen mit früheren englischen Topstars ist das eine „extrem hohe Anzahl“. Wayne Rooney kam zum gleichen Zeitpunkt auf 212, Michael Owen auf 156, Frank Lampard auf 98, Steven Gerrard auf 93 und David Beckham sogar lediglich auf 54 Einsätze.
Körperlicher Burnout droht
Hochgerechnet geht die Studie davon aus, dass Bellingham am Ende seiner Karriere mehr als 1.200 Profieinsätze bestritten haben wird, falls er bis 37 weiterspielt. Der offensive Mittelfeldspieler sei dabei nur ein Beispiel unter vielen. Sein Teamkollege Vinicius Junior hat im Alter von 24 bereits 369 Pflichtspiele auf der Habenseite. Der ehemalige brasilianische Nationalspieler Ronaldinho, immerhin zweifacher Weltfußballer, kam in diesem Alter lediglich auf 163 Partien.
Die vielen Einsätze bergen die Gefahr einer Überbeanspruchung und damit „das Risiko eines körperlichen Burnouts“. Zudem warnt die FIFPro auch vor dem psychischen Druck, in kurzer Abfolge immer wieder Höchstleistungen abliefern zu müssen. Beide Faktoren können dafür sorgen, dass ein Spieler verletzungsanfälliger wird. „Wir stehen heute vor einem der schwerwiegendsten und dringendsten Probleme in unserem Sport. Ein Problem, das aus dem Missbrauch von Governance und einem Versagen der Sorgfaltspflicht resultiert. Die ganzheitliche Arbeitsbelastung, mit der unsere Spieler konfrontiert sind, ist beispiellos. Sie hat zu einer körperlichen und geistigen Ermüdung geführt, die mittlerweile gefährlich ist“, zitiert der ‚Telegraph‘ Stéphane Burchkalter, amtierender Generalsekretär der FIFPro.
FIFPro droht mit EU-Beschwerde gegen FIFA
Aus diesen Gründen stemmt sich die Spielervertretung auch massiv gegen den immer umfangreicheren Terminkalender des Weltfußballs und die Aufblähung der Turniere. „Unsere Spieler sind bereits über ihre Grenzen hinausgegangen. Der internationale Kalender ist bereits mehr als voll. Doch was ist die Antwort der internationalen Gremien? Mehr. Mehr Spiele, mehr Wettbewerbe, mehr Abstimmungen. Und keine Garantien oder Rücksicht auf die Spieler. So können wir nicht weitermachen“, so Burchkalter.
Der Bericht legt offen, dass einige Profis lediglich noch zwölf Prozent des Kalenderjahres freihaben, was weniger als einem vollen freien Tag pro Woche entspricht. Zudem kommen teilweise über 150.000 Reisekilometer respektive mehr als 200 Reisestunden pro Jahr zusammen. Die FIFPro möchte das nicht weiter dulden. Im Juli hat sie zusammen mit den europäischen Ligen daher angekündigt, dass sie bei der Europäischen Kommission eine formelle Beschwerde gegen die FIFA einreichen werde – und die Situation damit bewusst eskalieren will.
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