China durchlebt aktuell einen wahren Fußballboom. Mit hohen Summen haben sich die Klubs auf dem Transfermarkt Gehör verschafft. FussballTransfers versucht, dem Phänomen auf den Grund zu gehen.
Bislang erwies sich China, das bevölkerungsreichste Land der Welt, nicht gerade als Fußballnation. Wenn man frühmorgendlich durch die Parks der Großstädte wandert, sieht man teils Hunderte Menschen, die zu leiser Musik Tai Chi betreiben. Neben der inneren Kampfkunst erfreut sich auch Tischtennis großer Beliebtheit. Nicht umsonst sieht man fast überall Platten aus Stein, die einem Ping-Pong-Spielfeld nachempfunden sind.
Fußball ist in den meisten Ländern der Welt Volkssport Nummer eins. Nun findet die schönste Nebensache der Welt auch in im Reich der Mitte immer mehr Anklang. In den staatlichen Fernsehanstalten wird jedoch nicht der regionale Fußball übertragen, sondern vielmehr Spiele aus den europäischen Topligen. Dem wollen schwerreiche Unternehmer nun entgegenwirken.
Milliardäre geizen nicht
Im Zuge des Immobilienbooms, der sich im Reich der Mitte abspielte, stiegen quasi im Minutentakt neue gigantische Unternehmen empor, die fortan ihr Glück in der Fußballbranche versuchen.
2014 hatte die ‚Alibaba Group‘ die Hälfte des südchinesischen Fußballklubs Guangzhou Evergrande gekauft. Rund 140 Millionen wanderten bei besagtem Deal über die Theke. Fortan nahm der Transferwahnsinn seinen Lauf. Für die unüblich hohe Summe von 15 Millionen Euro wurde Ricardo Goulart von EC Cruzeiro unter Vertrag genommen. Ihm folgten Spieler wie Alan (Red Bull Salzburg, 11 Millionen) und Paulinho (Tottenham Hotspur, 14 Millionen).
Der Fokus liegt jedoch nicht nur auf der individuellen Verstärkung des Spielerkaders. So setzt man auch auf der Trainerbank auf international bekannte Gesichter. Den Klub coachte beispielweise Fabio Cannavaro für ein halbes Jahr. Aktuell setzt man bei den neureichen Südchinesen auf die Dienste von Luiz Felipe Scolari, der als langjähriger Trainer der ‚Selecao‘ zu Weltruhm gelangte. Ottmar Hitzfeld hätte gar 24 Millionen Euro netto in 18 Monaten verdienen können, lehnte aber dankend ab.
28 Millionen für Ramires
Den bisherigen Rekordtransfer stellt aber nicht Guangzhou, sondern ein Ligakonkurrent. Am gestrigen Mittwoch gab JS Suning die Verpflichtung von Ramires bekannt, der zuvor beim FC Chelsea unter Vertrag stand. 28 Millionen Euro ließ sich der im Besitz der Firmengruppe Guoxin befindliche Klub die Verpflichtung des Brasilianers kosten. Apropos Brasilianer: Die Kicker vom Zuckerhut erfreuen sich besonders großer Beliebtheit.
Der brasilianische Rechtsaußen Geuvanio wechselte kürzlich vom FC Santos zum chinesischen Zweitligisten Tianjin Quanjian – Ablöse rund elf Millionen Euro. Dem 23-Jährigen winkt ein Gehalt in Millionenhöhe. Eine Summe, die er in seiner Heimat nicht annähernd verdient hätte. Was auch der Hauptgrund dafür sein dürfte, dass es immer mehr Spieler internationaler Klasse in die fernöstliche Republik zieht.
„Als Spieler hast du zehn Jahre, um Geld zu machen“, begründete beispielsweise Renato Augusto seinen Wechsel zu Beijing Guoan. Der Ballkünstler hatte unter anderem ein Angebot von Schalke 04 ausgeschlagen. Hauptgrund war der dicke Gehaltsscheck am Monatsende, der in der chinesischen Super League deutlich höher ausfällt als in der Bundesliga.
Industriell hui – fußballerisch pfui
Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres haben die chinesischen Börsen in Shanghai und Shenzhen einen Crash hingelegt, der zum großen Börsenbeben führte. Weltweit rauschten die Aktienindexe in den Keller. Die Alarmglocken schrillten unter anderem in Frankfurt, New York, Tokio und London. Sackt die Wirtschaft in China ab, ist also auch der Rest der Welt betroffen. Der Plan, auch den Fußball von der Volksrepublik abhängig zu machen, ist in vollem Gange.
Nach Erfolgen der Nationalelf Chinas muss man lange suchen. Die Teilnahme an der WM 2002 in den Nachbarländern Südkorea und Japan war der wohl größte internationale Auftritt. Wobei das dortige Abschneiden nicht als Erfolg gewertet werden kann. In der Vorrunde ging die Landesauswahl baden. Nach drei Niederlagen aus ebenso vielen Spielen und einem Torverhältnis von 0:9 Toren musste der Tross um den damaligen Cheftrainer Bora Milutinovic die Heimreise antreten. Seither gelang keine Qualifikation mehr zu einer Weltmeisterschaft
50-Punkte-Plan soll Abhilfe schaffen
Doch wie will man den enttäuschenden Auftritten der vergangenen Jahre entgegenwirken? Die Lösung liegt für Staatschef Xi Jinping auf der Hand: Der 62-jährige Alleinherrscher entwarf einen 50-Punkte-Plan, um den chinesischen Fußball auf Weltniveau zu bringen. So soll Fußball beispielsweise als eigenes Schulfach in den Lehrplan aufgenommen werden. Obendrein ist geplant, in den kommenden Jahren bis zu 50.000 neue Fußball-Leistungszentren zu errichten, die sich über das ganze Land erstrecken werden.
Jinping formuliert sein Ziel klipp und klar: „Ich habe drei Wünsche: China soll sich für eine WM qualifizieren. China eine WM austragen und China soll eine WM gewinnen.“ Um das anvisierte Ziel zu erreichen, gehen die Staatsverantwortlichen der Volksrepublik offenbar keiner Maßnahme aus dem Weg. Den wahnwitzigen Plänen der industriellen Großmacht hat sich nun eine komplette europäische Liga hingegeben.
Portugal erstes Opfer
Die Firma ‚Ledman Optoelectronics‘ ist einer der führenden Hersteller von Licht- und LED-Lösungen und zeichnet sich unter anderem für mehrere Reklamen im Berliner Olympiastadion verantwortlich. Wie am Dienstag dieser Woche bekannt wurde, steigt der Großkonzern als offizieller Sponsor der zweithöchsten Spielklasse Portugals ein. Fortan trägt die Liga den klangvollen Namen ‚Ledman Proliga‘.
Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, mischt sich das finanzstarke Unternehmen auch in den laufenden Spielbetrieb ein. Teil des Abkommens zwischen Liga und Sponsor ist, dass ab sofort zehn chinesische Spieler bei den besten zehn Teams der Liga spielen müssen. Darüber hinaus müssen drei Assistenztrainer aus China einen Job in der Spielklasse bekommen. Alle Spieler müssen zudem zu einer gewissen Einsatzzeit kommen, um ihre Entwicklung zu garantieren.
Um den Plan durchzusetzen, in einigen Jahren fußballerisch in den Wettbewerben dieser Welt mitmischen zu können, ist man in China bereit, sehr ungewöhnliche Wege zu gehen. Die europäischen Topklubs müssen noch bis zum 26. Februar auf der Hut sein. Denn bis dahin ist das chinesische Wintertransferfenster geöffnet. Gut möglich, dass ein fernöstlicher Erstligist noch einmal ins Regal greift, um einen internationalen Topstar mit einem millionenschweren Angebot in die ansässige Super League zu locken.