Kommentar FT-Kurve UEFA Champions League

Guardiola am Ende: Die Mannschaft, die mal City war

Die Chancen auf ein Weiterkommen von Manchester City im Santiago Bernabéu wurden im Vorlauf der Playoff-Partie gegen Real Madrid nicht zuletzt von Pep Guardiola als sehr gering angesehen. Die Art und Weise der Niederlage war für alle Beobachter jedoch geradezu erschreckend. Das ManCity von einst gibt es spätestens seit dem gestrigen Abend nicht mehr.

von Martin Schmitz
4 min.
Pep Guardiola wird von Carlo Ancelotti getröstet. @Maxppp

Bekanntlich ist Fußball vor allem deshalb so spannend, weil vorher niemand weiß, wie es ausgeht. Außenseiter können jederzeit unter glücklichen Umständen den großen Favoriten schlagen und unter Topteams ist sowieso alles möglich. Dennoch war sich fast ganz Fußballeuropa bereits vor dem Playoff-Rückspiel zwischen Real Madrid und Manchester City einig, dass es nur einen Sieger des Duells geben kann.

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Nicht zuletzt Pep Guardiola gab vor der Partie zu Protokoll, dass er die Chance auf ein Weiterkommen seiner Skyblues auf lediglich ein Prozent beziffern würde. Doch es war nicht die nackte Tatsache, dass die Königlichen auch das Rückspiel für sich entschieden, die Erstaunen und bisweilen sogar Bestürzung bei den geneigten Zuschauern und der internationalen Presse hervorrief, sondern das Wie.

„Was Effektivität, Verschwendungssucht, Stellungsspiel, Präzision, Instinkt, Einstellung und Fußball anbelangt, gab es seit Menschengedenken noch nie ein ähnliches Gefühl der Überlegenheit gegen ein Guardiola-Team“, beobachtet die ‚Marca‘.

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Die ‚as‘ zeigt sich regelrecht schockiert: „Niemand konnte vorhersehen, dass die Blancos die Himmelblauen auf dem Rasen des Bernabéu in Stücke reißen und eine Mannschaft bezwingen würden, die in einer besseren Vergangenheit so oft eine Dampfwalze gewesen war.“

Fortführung einer Katastrophensaison

Dabei wirkte das 3:1 nach dem knappen Erfolg im Hinspiel (3:2) von Real auf dem Papier relativ human. Es spiegelte jedoch in keiner Weise die Geschehnisse auf dem Platz wider. „Es waren zwei Abende, die das Gefühl hinterließen, dass sie nicht den Schaden angerichtet haben, den sie Manchester City hätten zufügen können“, bewertet ‚El País‘. Der ‚Independent‘ stellt mit Erschrecken fest: „City hätte gedemütigt werden können. Stattdessen wurden sie einfach abgefertigt.“

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Diese Niederlagen waren nicht einfach das Ergebnis des Kräftemessens zweier Topteams, die auf Augenhöhe gespielt haben. ManCity ist in dieser Saison nicht mehr auf einem Level, das so ein Spiel zulassen würde. Weder international noch in der Heimat.

In der Premier League liegt der amtierende Meister satte 17 Punkte hinter dem FC Liverpool lediglich auf Rang vier und wurde in dieser Saison vom FC Arsenal (1:5) und Tottenham Hotspur (0:4) böse verprügelt. Auch im League Cup ist City bereits ausgeschieden. Der FA-Cup stellt die einzige Titelchance dar, die abseits der wenig prestigeträchtigen FIFA-Klub-Weltmeisterschaft im Sommer noch bleibt.

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Zwischenzeitlich holte die einstige Übermannschaft innerhalb von zwölf Pflichtspielen nur einen einzigen Sieg und war zu Jahresbeginn über Wochen das Team aus den Top5-Ligen, das wettbewerbsübergreifend die meisten Gegentore kassiert hatte. Die Truppe um den häufig verletzten Routinier Kevin De Bruyne (33) wirkt überaltert, satt und mit Negativerlebnissen überfordert.

Guardiola zunehmend überfordert

Und der Mann, der die Spieler anleiten, ihnen Halt geben und die Richtung weisen sollte, scheint weder die Ideen noch die Kraft dafür zu haben. City-Coach Guardiola kannte Zeit seiner Trainerlaufbahn nur den Erfolg, hatte immer das meiste Geld sowie den besten oder zumindest einen der besten Kader seiner Liga und musste den hochveranlagten Profis lediglich seine Idee des Fußballs vermitteln.

Das lief nicht zuletzt bei den Skyblues über Jahre wie geschmiert. Aus dem Scheichklub formte er eine Titelmaschine und eroberte den Platz als Nummer eins in der Stadt. Doch nach knapp zehn Jahren scheint sich das Pep-System überholt zu haben. Nötige taktische Anpassungen oder eine Verjüngung des Kaders sind nicht passiert.

Im Winter unternahm Guardiola einen verzweifelten Versuch des Gegenlenkens und griff zum einzigen Konzept, das City kennt: Viel Geld ausgeben. Für 218 Millionen Euro kamen fünf Neuzugänge, die den strauchelnden Meister stabilisieren sollen. Im Sommer soll der Kaufrausch dem Vernehmen nach weitergehen. Doch ob das alleine reicht?

‚El Mundo‘ formuliert es poetisch schön: „Das Bernabéu hat nur wenige Feinde gehabt wie Guardiola, der einst Attila auf dem verwüsteten Rasen war. Jetzt ist er ein verwundeter, zersetzter General, der in der Coaching Zone am Rande des Spielfelds mit sich selbst spricht – wie ein Gefangener in seiner Zelle. Dieses Bild ist nicht mehr das des unerbittlichen Attila, sondern eher das von Napoleon auf St. Helena, weit weg vom Ruhm, weit weg von einem verlorenen Imperium.“

Real zeigt, wie es geht

Während der Altmeister immer häufiger fahrig, zerstreut und verzweifelt wirkt, sich die Stirn zerfurcht und Selbstzweifel äußert, sieht es beim gestrigen Gegner gänzlich anders aus. Die Königlichen haben die Zeichen der Zeit rechtzeitig gesehen, haben ihren Kader Schritt für Schritt verjüngt. Behutsam und mit der nötigen Ancelotti-Gelassenheit.

Mit Eigengewächs Raúl Asencio (22), Eduardo Camavinga (22), Jude Bellingham (21), Vinicius Junior (24), Rodrygo (24), Arda Güler (19) und Endrick (18) sind wichtige Positionen voraussichtlich auf Jahre mit höchster internationaler Klasse besetzt.

Dazu stürmt vorne Kylian Mbappé (26) der nun endlich in Madrid angekommen zu sein scheint. Die selbsternannten Könige von Europa haben nicht die Absicht, ihre Krone abzugeben.

Für die Entwicklung von Manchester City in dieser Spielzeit konstatiert dagegen die ‚Daily Mail‘ am Tag nach dem Offenbarungseid in Madrid: „Aus perfekt wurde schnell unvollkommen, aus unvollkommen wurde mittelmäßig, aus mittelmäßig wurde furchtbar und aus furchtbar wurde Trauer um die Mannschaft, die City einmal war und die sie nicht mehr ist.“ Und dasselbe gilt für Pep Guardiola.

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