Klopp: „Veränderungen müssen her“ – BVB-Umbruch im Sommer
Bei Borussia Dortmund wird man froh sein, wenn die Saison 2014/15 beendet ist. Nach dem Tiefpunkt zu Beginn der Rückrunde mit Platz 18 ging es in den folgenden Wochen immerhin wieder bergauf. Die Champions League-Hymne wird aber in der kommenden Saison ohne den BVB ertönen. Im Signal-Iduna-Park macht sich die Einsicht breit, dass im Sommer ein Umbruch her muss.
Ab dem Sommer wird bei Borussia Dortmund nahezu jede Abteilung auf dem Prüfstand stehen. Ob das Team von Jürgen Klopp den Einzug in die Europa League schafft oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Die Katastrophensaison 2014/15 hat beim BVB vielen die Augen geöffnet und schärft nun den Blick auf die Fehler der vergangenen Jahre. Im Nachhinein könnte das Seuchenjahr somit doch etwas Gutes haben.
„Es müssen Veränderungen her. Zu sagen, in welcher Form, dazu ist es jedoch noch zu früh. Wir haben aber kein Regal für Platz zwei, sechs oder zehn“, zitiert die ‚Sport Bild‘ Jürgen Klopp. Auch wenn der BVB-Trainer nicht verraten will, wie die Veränderungen aussehen, werden sie intern längst diskutiert.
Neue Transferstrategie
Ohne Fehler öffentlich einzugestehen machten Chef Hans-Joachim Watzke und Manager Michael Zorc zuletzt keinen Hehl daraus, dass man mit den Transfers der jüngeren Vergangenheit nicht gerade zufrieden ist. Henrikh Mkhitaryan konnte bislang nur stellenweise die Rekordablöse von 27,5 Millionen rechtfertigen. Ganz zu schweigen von den Stürmer-Neuverpflichtungen Adrián Ramos und Ciro Immobile.
Rückkehrer Shinji Kagawa war zwar verhältnismäßig günstig (acht Millionen), konnte aber nicht überzeugen. Matthias Ginter ist eine Investition für die Zukunft, seine Leistungen beim BVB lassen aber Zweifel am vermeintlichen Potenzial aufkommen. Klopp funktionierte in der laufenden Saison Pierre-Emerick Aubameyang vom Flügelspieler zum Mittelstürmer um. Der Gabuner ist mit seinen Toren in den vergangenen Wochen zwar ein Gesicht des Aufschwungs, ist aber technisch schlicht limitiert.
Notgedrungen verordnet sich Dortmund für den kommenden Sommer eine Sparpolitik. Statt auf millionenschweren Topspielern soll der Fokus wieder auf jungen ausbaufähigen Talenten liegen. Dementsprechend wird momentan über eine Rückholaktion von Leonardo Bittencourt sowie die möglichen Verpflichtungen von Leipzig-Topstürmer Yussuf Poulsen und der Anderlecht-Talente Youri Tielemans und Dennis Praet diskutiert.
Alte Zöpfe abschneiden
Ein Verkauf gestandener BVB-Größen ist längst nicht mehr ausgeschlossen. Kevin Großkreutz war nie der begnadete Techniker und überzeugte vor allem durch unbändigen Einsatz sowie seine Allrounder-Qualitäten. Auf der Streichliste der ‚Schwarz-Gelben‘ steht der Ur-Borusse aber offenbar ganz oben. Der Vertrag des Nationalspielers läuft 2016 aus und anders als bei Marco Reus oder Ilkay Gündogan hat Zorc keine Eile, den Kontrakt zu verlängern: „Es gibt keinen neuen Stand“, gibt der Manager zu Protokoll. Nach Informationen der ‚Sport Bild‘ haben sich bereits englische Vereine gemeldet. Zudem wird auch der 1. FC Köln als möglicher Käufer genannt. Ein Abschied im Sommer ist daher durchaus wahrscheinlich.
Für Mats Hummels müsste der BVB nicht lange nach einem Käufer suchen. Manchester United würde den Abwehrchef mit Kusshand nehmen und ist angeblich bereit, 45 Millionen Euro Ablöse auf den Tisch zu legen. Die ‚Bild‘ bezifferte in diesem Bereich zuletzt die Schmerzgrenze der Borussia. Dass der Vizemeister den Kapitän und Abwehrchef ziehen lässt, erscheint aber dennoch fast unvorstellbar.
Ein Verkauf der Millionentransfers Immobile und Mkhitaryan käme einer Bankrotterklärung der Transferpolitik der vergangenen zwei Jahre gleich. Darüber hinaus würde der BVB wohl nie die Summen einnehmen können, die 2013 und 2014 in die Spieler investiert wurden. Dennoch soll angeblich über einen Abschied der Offensivspieler, die bislang nicht überzeugen konnten, diskutiert werden.
Taktisch neue Wege gehen
Zorc und Watzke wurden öffentlich gefeiert, als sie im Winter keinen Zweifel an Trainer Klopp aufkommen ließen. Die laufende Saison zeigt aber, dass sich auch der Cheftrainer anpassen und verbessern muss. Vorbei sind die Zeiten, als der BVB im Hurra-Stil mit bedingungslosem Angriffsfußball und aggressivem Gegenpressing die meist überforderten Gegner überrollte. Die Konkurrenten haben sich längst auf das Klopp’sche System eingestellt.
Kritiker werfen dem Meistertrainer vor, zu unflexibel und starr zu sein. Ganz von der Hand zuweisen sind die Vorwürfe nicht. Die momentan erfolgreichen Mannschaften zeichnen sich dadurch aus, mehrere taktische Systeme spielen zu können. Die Dreierkette gehört heutzutage wieder zum Standard-Repertoire europäischer Spitzenteams. Auch Klopp testete das taktische Defensivkonzept. Die BVB-Fans werden sich mit Schrecken erinnern, als der BVB-Trainer Schalke 04 im Oktober 2012 damit überraschen wollte. Das Experiment ging schief und die ‚Schwarz-Gelben‘ verloren mit 1:2. Die Dreierkette wurde seither vom BVB-Trainingsplatz verbannt.
Wenn nach der Saison das Dortmunder Bundesliga-Team einer eingehenden Prüfung unterzogen wird, soll auch Klopps Daseinsberechtigung genau beleuchtet werden. Der Cheftrainer gilt als unantastbar bei der Borussia. Wenn sich ‚Kloppo‘ aber nicht neuen Wegen öffnet und taktisch variabler wird, könnte an diesem Sakrileg gerüttelt werden.
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