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WM-Spezial – die Teams im FT-Check: Chile

In einer Gruppe mit den beiden Finalisten von 2010 sind Chile durchaus sehr realistische Chancen auf ein Weiterkommen zuzuschreiben. Das Team von Jorge Sampaoli agiert mit einem beeindruckenden Pressing und ist für jede Nation extrem unangenehm zu spielen. Nicht nur wegen der beiden herausragenden Stars Arturo Vidal und Alexis Sánchez ist mit den Südamerikanern zu rechnen.

von Lukas Heimbach
6 min.
Chile Arturo Erasmo Vidal Pardo @Maxppp

So wirklich geglaubt hatten Bundestrainer Joachim Löw nur die wenigsten. Die Aussagen des 54-jährigen Übungsleiters hielten viele für die obligatorischen Floskeln, um gegen vermeintliche Außenseiter vorab möglichst tiefzustapeln. Am Ende staunte man nicht schlecht.
Obwohl die DFB-Elf das Freundschaftsspiel gegen Chile am 5. März dieses Jahres mit 1:0 gewann, offenbarte sich, welch große Defizite die Deutsche Nationalmannschaft drei Monate vor der Weltmeisterschaft in Brasilien noch aufweist. Dies wiederum lag nicht nur an der sehr durchwachsenen Leistung der Löw-Elf, sondern insbesondere an einem starken Gegner aus Südamerika, der es lediglich verpasste, das Tor zu treffen.

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Beschäftigt sich der Fußball-Laie in weiser Voraussicht auf die anstehende Fußball-WM mit der Ausgangslage, scheint in Gruppe B alles klar. Spanien und Niederlande, die beiden Fußball-Großmächte, setzen sich souverän durch. Der profunde Fußballfan weiß hingegen spätestens seit jenem 5. März, dass mit Chile zu rechnen ist – zumindest als Außenseiter. Für die Niederlande ist der Käse in dieser Todesgruppe entsprechend längst nicht gegessen. Für Australien ist unterdessen wohl eher wenig zu holen.

Reifer als 2010

Die Jungs aus dem südamerikanischen Andenstaat sind für jeden Gegner enorm unangenehm zu spielen. Aggressiv und mit einer gewissen Garstigkeit im Zweikampf wetzen die in der Regel eher kleingewachsenen Chilenen dem Ball unaufhaltsam hinterher. Als Gruppendritter behauptete sich Chile in der südamerikanischen CONMEBOL-Qualifikation souverän vor Ecuador und Uruguay. Bekannt sind die vorwiegend quirligen Südamerikaner insbesondere für ihre giftige, bissige Spielweise.

Schon bei der WM 2010 unter Trainer-Ass Marcelo Bielsa fielen die Chilenen durch ihr extrem aggressives Spiel gegen den Ball auf. Sie lechzen geradezu nach Ballbesitz, um anschließend mit ihren blitzschnellen Gegenstößen in die Spitze zu gelangen. Unter anderem stellten sie Welt- und Europameister Spanien mit ihrer Spielweise vor große Probleme. Gefreut haben wird man sich bei den Iberern über das Los mit Sicherheit nicht. Denn auch unter Coach Jorge Sampaoli ist ‚La Roja‘ dem mannorientierten Pressing treu geblieben. Allerdings lassen sie es mittlerweile ein wenig ruhiger angehen, schließlich sind auch die Südamerikaner in ihrer Spielanlage seit der Zeit unter Bielsa weiter gereift.

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Für die ‚Equipo de Todos‘ ist es entscheidend, ihr Forechecking auf den jeweiligen Gegner anzupassen. So wird man gegen die pressingressistenten Spanier etwas bedachter anrennen als etwa gegen Australien oder auch die Niederlande. Schon gegen Deutschland zeigte sich: Sind die ersten beiden Angriffsreihen der Südamerikaner überspielt, gerät die Organisation signifikant ins Wanken. In einem unorthodoxen 3-5-2-System verteidigt Chile in einer sehr hohen Manndeckung. Wie gegen Deutschland werden die Akteure von ‚La Roja‘ den Niederländern und insbesondere den spielstarken Spaniern durchgängig auf den Füßen stehen, um das Kombinationsspiel schon in der gegnerischen Hälfte zu ersticken.

Geheimfavorit mit hohen Ambitionen

Setzt sich das Team von Jorge Sampaoli in der Todesgruppe durch, könnte es im Laufe des Turniers durchaus zum Geheimfavoriten mutieren – wenn es das nicht ohnehin schon ist. Stars wie Arturo Vidal und Alexis Sánchez leben vom Selbstbewusstsein und können die ansonsten größtenteils eher durchschnittlichen Kicker von Euphorie getragen mitreißen.

Schon die Testspielgegner zeigten, dass der Andenstaat ambitionierte Pläne schmiedet. So bestritt man primär Testspiele gegen die großen Nationen des Weltfußballs. England wurde mit 2:0 überrannt, gegen Brasilien und Spanien gab es ein 2:2-Unentschieden. Eine Partie gegen Gastgeber Brasilien wurde unglücklich 1:2 verloren. Hinzu kam das 0:1 gegen Deutschland, in dem Chile deutlich überlegen war.

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Die Stars

Arturo Vidal (26/Juventus Turin): Der ehemalige Leverkusener ist der unbestrittene Chef im Spiel der Chilenen. Als Dreh- und Angelpunkt im Mittelfeld-Zentrum gibt er das Tempo für das giftige Forechecking an und schaltet rasant um. Bei Gegenstößen rückt er anschließend schnell auf und stößt mit in den Strafraum oder lauert auf seine Chance aus der zweiten Reihe. Bei den ‚Bianconeri‘ absolvierte der 26-Jährige eine herausragende Saison. Als defensiver Mittelfeldspieler erzielte er elf Saisontore und glänzte sechsmal als Vorbereiter. Außerdem traf er in sechs Champions League-Partien beeindruckende fünfmal. Der selbsternannte „beste Sechser der Welt“ ist nicht nur die fußballerische Koriphäe in der Sampaoli-Elf, sondern besitzt auch emotional essenzielle Bedeutung.

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Alexis Sánchez (25/FC Barcelona): Nach großen Anlaufschwierigkeiten zu Beginn seiner Zeit bei ‚Barça‘ blühte der 1,69 Meter kleine Flügelstürmer in dieser Spielzeit zwischenzeitlich auf. 18 Mal trug sich der quirlige Tempodribbler in der Primera División in die Torschützenliste ein. Einzig Cristiano Ronaldo (31), Lionel Messi (28) und Diego Costa (27) trafen häufiger. Zudem bereitete er zwölf Treffer vor. Bei Chile fungiert der 25-Jährige an der Seite von Eduardo Vargas (FC Valencia) in vorderster Front. Zusammen mit seinen Kollegen stellt ‚El Niño Maravilla‘ so etwas wie die erste, unermüdlich anrennende Abwehrreihe dar.

Gary Medel (26/Cardiff City): Mit 1,71 Metern Körpergröße verfügt der kräftige Defensivspezialist nicht gerade über Gardemaß für einen Abwehrspieler. Sein Defizite bei der Körperlänge macht der 26-Jähirge dafür mit extremer körperlicher Robustheit und beinharter Spielweise wett. Sein Spitzname ‚Pitbull‘ ist Programm. Zudem ist er für einen Abwehrspieler enorm schnell, was gerade in der Dreier-Abwehrkette von Vorteil ist. Bei seinem Klub Cardiff City, mit dem er gerade aus der Premier League abgestiegen ist, spielt Medel meist im defensiven Mittelfeld. Entsprechend verfügt der Chilene auch über fußballerische Attribute im Aufbauspiel.

So könnten sie spielen

Chile Arturo Erasmo Vidal Pardo

Das vorläufige Aufgebot

Tor: Claudio Bravo (Real Sociedad San Sebastián), Johnny Herrera (Universidad de Chile), Cristopher Toselli (Universidad Católica), Paulo Garcés (O'Higgins Fútbol Club)

Abwehr: Gary Medel (Cardiff City), José Rojas (Universidad de Chile), Eugenio Mena (FC Santos), Gonzalo Jara (Nottingham Forest), Marcos González (Unión Española), Enzo Andía (Universidad Católica), Francisco Silva (CA Osasuna)

Mittelfeld: Arturo Vidal (Juventus Turin), Mauricio Isla (Juventus Turin), Marcelo Díaz (FC Basel), Rodrigo Millar (CSD Atlas), Pedro Pablo Hernández (O'Higgins Fútbol Club), Felipe Gutiérrez (FC Twente Enschede), José Pedro Fuenzalida (Colo Colo), Carlos Carmona (Atalanta Bergamo), Jean Beausejour (Wigan Athletic), Charles Aránguiz (SC Internacional), Miiko Albornoz (Malmö FF), Jorge Valdivia (Palmeiras)

Angriff: Alexis Sánchez (FC Barcelona), Eduardo Vargas (FC Valencia), Mauricio Pinilla (Cagliari Calcio), Esteban Paredes (Colo Colo), Fabián Orellana (Celta Vigo), Matías Fernández (AC Florenz), Gustavo Canales (Unión Española)





*Gruppe A:

Gruppe B:

Gruppe C:

Gruppe D:

Gruppe E:

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