FT-Kurve Serie A

Tief in der Krise: Juves eklatantes Fitnessproblem

Die gestrige Niederlage beim Tabellenletzten AC Monza offenbarte das Ausmaß der Krise von Juventus Turin. Die Mannschaft von Massimiliano Allegri weist zurzeit viele Defizite auf, eines davon ist aber besonders eklatant. Das Fitnesslevel der Mannschaft scheint miserabel zu sein. Eine Spurensuche.

von Tristan Bernert
4 min.
Bei Juventus Turin stehen die Fitnesstrainer in der Kritik @Maxppp

Juventus Turin steckt tief in der Krise. In der Liga steht die stolze Alte Dame nur auf Platz acht, in der Champions League droht nach zwei Niederlagen in Folge das vorzeitige Aus. Mit Pech hat das nichts zu tun. Im Gegenteil – es könnte alles noch viel schlimmer sein: Laut dem Expected Goals (xG)-Modell hätte Juve in der laufenden Serie A-Saison bereits 9,4 Gegentore kassieren müssen – 4,4 mehr, als sich das Team tatsächlich fing (via ‚Understat.com‘).

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Läuferisch schwach

Platz acht, trotz schlechter Chancenverwertung des Gegners. Note: Mangelhaft. Die Gründe für die Krise sind vielseitig, doch im Zentrum der Kritik steht aktuell Trainer Massimiliano Allegri. Der einstige Meistertrainer scheint seinen Kredit vergangener Tage verspielt zu haben, der Druck von außen wird Tag für Tag größer. Dabei ist das größte Defizit der Alten Dame eines, für das Allegri nur bedingt etwas kann: Zahlreihe Indizien sprechen dafür, dass das Team über ein katastrophales Fitnesslevel verfügt.

Angefangen mit den blanken Zahlen: Das Team von Allegri läuft laut offiziellen Angaben der Serie A pro Spiel zusammen bislang 108,26 Kilometer. Ligaintern reicht das für Platz neun – im internationalen Vergleich ist es miserabel. In der Bundesliga wäre Juve mit diesem Wert auf dem letzten Platz. Erwähnenswert ist zudem die Tatsache, dass von den Stammspielern der Mannschaft (über 500 Einsatzminuten) kein Akteur unter den 50 laufstärksten Akteuren der Liga ist. Innenverteidiger Bremer steht mit 10,3 Kilometern pro Spiel auf Rang 51.

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Nagelsmanns Seitenhieb

Auffällig ist auch der Mangel an Fitness von Spielern, die im Sommer Juventus verlassen haben. Matthijs de Ligt zum Beispiel, der zu Beginn seiner Zeit beim FC Bayern körperlich einiges aufzuholen hatte. „Ich habe mit ihm nach dem Training gesprochen und er sagte, die Trainingseinheit war die härteste in den letzten vier Jahren. Dabei war sie zwar hart, aber nicht so hart“, stellte im Sommer auch Julian Nagelsmann in der ‚Bild‘ fest.

Einen Seitenhieb konnte sich der Münchner Coach dann nicht verkneifen: „Er hat letzte Saison nicht so viele Minuten gespielt, und ich habe gehört, dass es in Italien dann nicht einfach ist, fit zu bleiben. Wir müssen hart mit ihm trainieren.“

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Kein Einzelfall

Nagelsmann ist nicht der einzige, dem ein solches Phänomen bei seinem Juve-Neuzugang aufgefallen ist. Luca Pellegrini, auf Leihbasis aus Turin zu Eintracht Frankfurt gewechselt, hat mit der Physis der Bundesliga und des Trainings zu kämpfen und leidet deshalb an Oberschenkelproblemen. Trainer Oliver Glasner zuletzt: „Er hat die ganze Woche nur individuell und mit geringer Belastung trainiert. Wir wollen ihm jetzt körperlichen Input geben, damit er die Belastung verträgt.“

Damit nicht genug: Arthur Melo, den der FC Liverpool als dringend benötigte Mittelfeld-Hilfe holte, spielte für 13 Minuten bei der 1:4-Blamage der Reds in der Champions League gegen die SSC Neapel und danach für Liverpools Reserve-Team. Der Grund laut Fabrizio Romano: Arthur arbeitet daran, körperlich in Form zu kommen.

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So wie Aaron Ramsey, der weite Teile der Vorbereitung in Turin verbrachte und nach seinem Abschied die ersten vier Partien für seinen neuen Klub OGC Nizza nur auf der Bank begann. Trainer Lucien Favre begründete im August: „Er hilft uns mit seiner Erfahrung weiter und hat das gewisse Etwas. Aktuell hat er aber noch Konditionsprobleme.“ Aktuell fehlt Ramsey übrigens verletzt.

Fitnesstrainer in der Kritik

Apropos Verletzungen. Aktuell fehlen Juventus sieben Spieler, mit Ángel Di María und Wojciech Szczesny kehrten Nummer acht und neun jüngst erst aus der Rekonvaleszenz zurück. Ein vereinsinterner medizinischer Report ergab zudem, dass bereits elf Muskelverletzungen in dieser Saison unter den Spielern aufgetreten sind. Die personellen Sorgen der Alten Dame sind sicherlich eine Triebfeder der aktuellen Krise – aber möglicherweise auch ein Symptom mangelnder Fitness?

In Turin scheint man die Problematik erkannt zu haben. Vergangene Woche berichtete ‚Sky Italia‘ zumindest, dass Juventus in Erwägung zieht, die Athletiktrainer aus Allegris Staff zu entlassen. Der Cheftrainer stellte sich auf der Pressekonferenz vor dem gestrigen Spiel gegen den AC Monza zwar vor seine Assistenten, ein öffentliches Anprangern Dritter wäre aber wohl auch schlecht aufgenommen worden.

So wie die darauf gefolgte 0:1-Niederlage beim Tabellenletzten. „Es wäre völlig verrückt, Allegri jetzt zu entlassen. Allegri hat hier bei Juventus ein Projekt, das in den nächsten vier Jahren entwickelt werden soll“, stärkte Vorstandsboss Maurizio Arrivabene im Zuge der Partie aber trotzdem Allegri den Rücken. Sollte die Krise der Alten Dame weiter anhalten, wäre der Klub trotzdem irgendwann zu personellen Änderungen gezwungen. Ob es dann den Chef- oder die Fitnesstrainer erwischt, bleibt abzuwarten.

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