Premier League

Sportliche Krise & aberwitzige Sparmaßnahmen: ManUnited vor dem Kollaps

Manchester United blickt einer ungewissen Zukunft entgegen. Die seit Jahren anhaltende sportliche Talfahrt des ehemaligen Spitzenklubs nimmt in dieser Saison ein beunruhigendes Tempo auf. Dazu drohen den Red Devils große finanzielle Schwierigkeiten. Diese versucht der Klub mit abstrusen bis drakonischen Sparmaßnahmen abzumildern.

von Martin Schmitz - Quelle: The Telegraph | The Sun
4 min.
Die Krise bei Manchester United spitzt sich zu. @Maxppp

In seiner letzten Saison als Trainer des Klubs hievte Sir Alex Ferguson Manchester United mit einem eher mittelmäßigen Kader unter einer großen Kraftanstrengung noch einmal auf den Premier League-Thron. Im darauffolgenden Sommer übergab der knorrige Schotte „seinen“ Klub annähernd scheckheftgepflegt in die Verantwortung seiner Nachfolger.

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Die Meisterschaft in der Saison 2012/13 war jedoch die vorerst letzte des stolzen Klubs aus dem Norden Englands. Der Verfall setzte schnell ein, auch wenn noch zwei Vizemeisterschaften, der Europa League-Triumph unter José Mourinho und einige Pokalsiege folgten. Der ehemalige Serien-Titelträger der Premier League verkam zu einem nationalen Mittelklasseklub, der Trainer am laufenden Band verschliss.

Große Hoffnung setzten die Anhänger des Klubs daher in Sir Jim Ratcliffe, der sich im Februar des vergangenen Jahres für umgerechnet 1,24 Milliarden Euro bei United einkaufte und mit seinen Beratern seitdem die Geschicke des Klubs lenkt. Ratcliffe will endlich wieder den Erfolg nach Manchester holen. „Der Klub ist mittlerweile nur noch mittelmäßig und wir müssen einiges tun, um ihn zu retten“, betonte der 72-Jährige im vergangenen Dezember. Dafür ist dem Milliardär mittlerweile jedes Mittel recht.

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Ende Oktober schasste United Trainer Erik ten Hag, der den Klub im Vorjahr lediglich auf Rang acht ins Ziel gebracht hatte, aber immerhin im Stadtduell gegen ManCity (2:1) den FA Cup gewann. Unter Nachfolger und Trainertalent Rúben Amorim ging es sportlich allerdings noch weiter bergab. Aktuell steht der Rekordmeister lediglich auf Platz 15 und muss den Blick eher nach unten richten als auf die internationalen Plätze.

Punktabzug droht

Ein weitaus größeres Problem stellen jedoch die Finanzen von United dar. Der Klub lebt seit Jahren über seine Verhältnisse, zog in der Vergangenheit unzählige überteuerte Flop-Transfers an Land und fährt Saison um Saison Verluste ein. Ausgerechnet die erfolgreiche Klage vom lokalen Konkurrenten gegen die Premier League-Finanzregeln sorgen nun dafür, dass die Probleme kritisch werden.

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Ursprünglich sollten ab der kommenden Spielzeit neue Budgetregeln eingeführt werden, die die aktuell geltenden Finanz- und Nachhaltigkeitsregeln (PSR) durch ein neues System mit einer Kaderkostenobergrenze ersetzen. Laut den PSR-Bestimmungen darf jeder Klub der Premier League in einem Abschnitt von drei Spielzeiten umgerechnet maximal 126 Millionen Euro Verlust machen, wobei Ausgaben für Infrastruktur, Jugend- und Frauenfußball ausgenommen sind.

United liegt im dann geltenden Dreijahreszyklus aktuell jedoch bei einem alarmierenden Verlust von 360 Millionen Euro. „Wenn wir jetzt nicht handeln, laufen wir Gefahr, die PSR/FFP-Anforderungen nicht zu erfüllen“, hieß es kürzlich in einer Stellungnahme des Klubs. Es drohen hohe Punktabzüge und weitere Strafzahlungen.

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Besitzer Ratcliffe kündigte nach den ersten Blicken auf die Geschäftsbücher bereits im vergangenen Jahr an, dass „schwierige und unpopuläre Entscheidungen“ nötig sind, um den gefallenen Riesen zu retten. Der Boss möchte überall da Geld einsparen, wo es möglich ist. Die Methoden sind dabei knallhart. Im Frühjahr 2024 hat der Klub bereits knapp 250 Mitarbeiter entlassen, bis zu 250 weitere sollen ihre Jobs in diesem März verlieren.

Wilde Sparmaßnahmen

Für Ratcliffe alles nur Mittel zum Zweck: „Wir müssen den Klub effizient und gut führen. Wir müssen dabei jedes Pfund umdrehen, damit wir mehr Kapazität für Investitionen in Spieler haben.“ Die Sparmaßnahmen nehmen mit der Zeit jedoch immer skurrilere Formen an, wie der ‚Telegraph‘ aus internen Dokumenten und Mitarbeiterberichten von United zitiert.

Während die Erhöhung der Ticketpreise auf 80 Euro und mehr sowie die Abschaffung einiger Rabatte für Kinder und Senioren die Fans auf die Barrikaden bringen, müssen vor allem die verbleibenden Mitarbeiter bei United einiges ertragen. Intern wurde eine „Null-Budgetierung“ ausgerufen.

In der Kantine sollen die Portionsgrößen merklich reduziert worden sein. Firmenkreditkarten wurden abgeschafft, die Mitarbeiter müssen nun zunächst für Ausgaben wie Reisen aus eigener Tasche bezahlen und können später eine Erstattung beantragen. Alle Zahlungen über 30.000 Euro müssen von Ratcliffe persönlich genehmigt werden, während CEO Omar Berrada Zahlungen unter diesem Betrag abnicken kann.

Damit aber nicht genug: Die Klubchefs wollen ein papierloses System einführen, bei dem ausschließlich E-Mails anstelle von Briefen verschickt werden, da Briefmarken zu teuer seien. Parallel sollen Mitarbeiter dazu gezwungen worden sein, Kartons mit Schrauben einzeln zu zählen, um sicherzustellen, dass keine Überbestellungen aufgegeben wurden.

Mannschaft unter Druck

Und auch der beliebte Preis für den Stadionordner der Woche, der einen 60 Euro-Essensgutschein beinhaltete, wurde in eine einfache Urkunde umgewandelt. Die Sparmaßnahmen sind Dauerthema in den englischen Medien und wirken sich auch auf die Stimmung in der Mannschaft aus, wie Coach Amorim kürzlich bestätigte.

Dieser betonte vor dem Spiel gegen Tottenham Hotspur am vergangenen Sonntag, dass sein Team nun in der Bringschuld sei: „Ich denke, es ist wirklich wichtig, dass wir in der ersten Mannschaft das nicht ignorieren. Die Menschen verlieren ihre Arbeit und die Verantwortung liegt bei der ersten Mannschaft. Das müssen wir ändern. Zunächst einmal sollten wir versuchen, bei Tottenham zu gewinnen. Das ist ein kleiner Schritt, um diesen Menschen zu helfen.“ United verlor mit 0:1.

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