Der FC Chelsea umgarnt in jeder Transferperiode die vielversprechendsten Talente und Newcomer. Viele Spieler können den Lockrufen von der Stamforde Bridge nicht widerstehen. Doch der Traum, beim Traditionsklub aus London Fuß zu fassen, erfüllt sich nur für wenige. Die Betroffenen werden per Leihe durch halb Europa geschickt. Einer von ihnen kritisiert nun das System des Abramovich-Klubs.
Sage und schreibe 26 Spieler, die per Leihe im Ausland für verschiedenste Vereine auflaufen, beschäftigt der FC Chelsea. Deren Perspektive auf eine langfristige Rückkehr nach der Leihe ist aufgrund der hohen Anzahl an potenziellen Verstärkungen aus den eigenen Reihe verschwindend gering. Ein Betroffener des Leih-Wahnsinns bei den Blues ist Bertrand Traoré, der sich kritisch über die Transferpolitik der Londoner äußert.
„Ich habe mich bereit gefühlt, fühle mich immer noch bereit für Chelsea. Ich habe die Leihe nicht kommen sehen. Warum habe ich dann so viele Spielanteile in der Vorbereitung bekommen“, fragt sich Traoré im ‚London Evening Standard‘ und zeigt sich von seinem Arbeitgeber enttäuscht. Ein Gefühl, mit dem der 21-Jährige Angreifer nicht alleine dastehen dürfte.
Der Angreifer kam in der vergangenen Saison immerhin zu 16 Premiere League-Einsätzen und traf solide viermal. Für eine Debüt-Saison eine gute Statistik, wenn man sich das Seuchenjahr des CFC vor Augen führt. Doch ungeachtet der zufriedenstellenden Auftritte des Mannes aus Burkina Faso lieh man ihn abermals für ein Jahr in die niederländische Eredivisie zu Ajax Amsterdam aus. Und ging damit ganz nebenbei mit nur zwei gelernten Mittelstürmern in Person von Diego Costa und Neuzugang Michy Batshuayi in die Saison.
Scoutingarbeit als Basis der Geldanlage „jung und talentiert“
Schon längst geht es bei Chelsea nicht mehr nur darum, mit den Verpflichtungen einen schlagfertigen Kader auf die Beine zu stellen. Die Investitionen in junge Spieler, die anschließend verliehen werden, dienen als Geldanlage. Die Spieler werden durch die breit aufgestellte Scoutingabteilung früh entdeckt und für vergleichsweise wenig Geld verpflichtet. Im Anschluss treiben sie bei anderen Vereinen ihren Marktwert in die Höhe.
Ein Platz im Team der Blues ergattern sich nur wenige. Zu groß ist das alljährliche Verlangen nach dem nächsten Topstar in West-London. Vielversprechenden Talenten fehlt trotz ihres vorhandenen Potenzials schlicht ein prestigeträchtiger Name wie die schillernden Neuzugänge à la David Luiz, Batshuayi oder Shootingstar N’Golo Kanté vom Überraschungsmeister Leicester City. Neben den Namen sind es vor allem die Transfersummen, die für eine Daseinsberechtigung im Kader von Chelsea sorgen. Jungen Talenten wird aber durch die ständigen Leihgeschäfte bei unterschiedlichen Vereinen der Weg verbaut.
Kevin de Bruyne als warnendes Beispiel
Kevin de Bruyne spielte während seiner Leihe beim SV Werder Bremen eine starke Saison. Zurück in London kam der Belgier kaum noch zum Einsatz. Ungeachtet seines Potenzials ließ man den offensiven Mittelfeldspieler für 22 Millionen Euro zum VfL Wolfsburg ziehen. Es folgten eineinhalb starke Jahre inklusive Wechsel für 74 Millionen Euro zu Manchester City. Ohne große Anlaufschwierigkeiten entwickelte sich de Bruyne bei City zum absoluten Leistungsträger. Trainer Pep Guardiola sieht den 25-Jährigen längst auf den Spuren von Lionel Messi.
Bei Andreas Christensen, Leihspieler bei Borussia Mönchengladbach, dürfte Chelsea gewarnt sein. Christensen hat sich bei der Borussia zu einem Innenverteidiger von internationalem Format entwickelt und kann die Planstelle Innenverteidigung bei Chelsea belegen. Abdul Rahman Baba bekommt nun bei Schalke 04 die Spielpraxis, die ihm in England verwehrt blieb. Die vakante Linksverteidigerposition der Blues könnte er langfristig besetzten, sollte er seine Entwicklung auf Schalke fortführen.
Traorés Forderung in eigenem Interesse
Traoré hofft, dass sein Weg nicht eine dritte Leihe vorsieht und er sich nach der Saison bei Ajax endgültig bei den Blues beweisen darf. Der aus der eigenen U18 stammende Stürmer hofft auf seine Chance: „Es ist gut für die Zusammenstellung des Kaders, wenn er vereinseigene Talente beinhaltet.“
Im Kader von Trainer Antonio Conte befinden sich mit Nathaniel Chalobah, Ruben Loftus-Cheek, Ola Aina und Dominic Solanke vier Talente aus der eigenen Akademie. Die geringen Einsatzzeiten scheinen Traoré in seiner Kritik zu bestätigen. Er klagt an: „Warum bekommen junge Spieler bei Chelsea keine echte Chance?“ Vor allem im Hinblick auf die ausgezeichnete Jugendarbeit erscheint der Umgang mit den Nachwuchsspielern aus dem eigenen Stall, aber vor allem mit den externen Talenten, fragwürdig.