Vorbild Bayern: Wie Broich den BVB revolutionieren will

von Tristan Bernert - Quelle: kicker
3 min.
Thomas Broich im Porträt @Maxppp

Thomas Broich übernahm im Sommer die Stelle des Nachwuchschefs von Lars Ricken. Mit der Jugend des BVB hat der gebürtige Münchner nun Großes vor, wie er detailliert erklärt.

Eigentlich ist Borussia Dortmund für seine gute Talente-Entwicklung bekannt. Spieler wie Erling Haaland, Jude Bellingham oder Jadon Sancho kamen in jungen Jahren zum BVB und reiften zu Topspielern. Jüngstes Beispiel ist Jamie Gittens, der vor vier Jahren in die Jugend der Dortmunder wechselte und aktuell endgültig seine Durchbruchssaison zu erleben scheint.

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Doch Thomas Broich, seit dem Sommer neuer Nachwuchsleiter beim BVB, ist das nicht genug. Denn all diese Talente haben gemeinsam, dass sie erst relativ spät zu den Schwarz-Gelben gewechselt und keine reinen Eigengewächse aus der Region sind. Der 43-Jährige erklärt im Interview mit dem ‚kicker‘: „Jetzt ist es so, dass der Wunsch explizit formuliert wurde, dass auch wieder Jungs aus der Region diesen Stellenwert erreichen, dass wir dem Ausbildungsgedanken noch mehr Ehre machen.“

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„Sachen komplett neu denken“

Um das zu erreichen, ist der BVB gerade dabei, mit Broich als Vordenker einer neuen Philosophie seine komplette Nachwuchsarbeit zu verändern. „Wir wollen Sachen komplett neu denken dürfen, ohne das Alte komplett außer Acht zu lassen“, fasst der neue NLZ-Chef zusammen.

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Im Detail heißt das: Broich möchte eine Kultur etablieren, in der ein risikoreicher, taktisch hochwertiger Fußball einer gewinnorientierten Spielweise vorgezogen wird. „Gute Ergebnisse allein garantieren noch keine Profis“, so Broich, der erklärt, dass sich physisch starke Spieler in einem risikoarmen Spielsystem in der Regel gegen körperlich schwächere und riskanter spielende Gegner durchsetzen würden.

„Das mag in der U17 und U19 noch tragen, aber dann machen die Jungs den nächsten Schritt nicht. Es heißt dann, sie würden stagnieren, in Wahrheit aber sind sie am Ende ihrer Entwicklung angekommen“, so die Analyse von Broich, „das wollen wir ändern. Wir streben einen ganz anderen Fußball an: mutig, kreativ, fantasievoll – mit viel Risiko. Wir wollen, dass sie ganz viele Widerstände überwinden müssen, um auf den letzten Metern im Jugendbereich richtig zu zünden.“

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Einheitliches Spielsystem

Aus diesem Grund setzt der BVB nun in allen Altersklassen auf das gleiche Spielsystem. „Es gibt bei uns klare Muster, die sich spezifisch aus unserer einheitlichen Formation ergeben. Dadurch entstehen Keimzellen, wie wir sie nennen. Und die wiederum gewährleisten eine Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Mannschaften“, so Broich. Konkret heißt das: „4-3-3. Das ist ausbildungstechnisch sehr sinnvoll. Nicht weil es das beste System ist, sondern weil die Positionen, die darin abgebildet werden, eine bestmögliche Ausbildung gewährleisten.“

Natürlich wolle der BVB auch im Jugendbereich nach wie vor jedes Spiel gewinnen und eine entsprechende Gier nach Siegen in den Jugendspielern fördern. Doch nicht um jeden Preis: „Wir wollen Resilienz, wir wollen Widerstandskraft, wir wollen intrinsische Motivation. Um das zu entwickeln, gehört eine gute Fehlerkultur dazu. Wir sind felsenfest davon überzeugt, dass Lernen und Fehler zu machen Hand in Hand gehen. Fehler vermeiden zu wollen ist daher der größte Fehler, denn in diesem Moment raube ich dem Kind die Chance, etwas besser zu machen.“

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Broich erläutert diesen Gedanken an einem Beispiel: „Wenn ich möchte, dass ein Innenverteidiger auf der letzten Linie das Verteidigen im Eins-gegen-Eins lernt, dann muss ich ihn das auch machen lassen. Warum lasse ich ihn dann oft im Jugendbereich schon in Überzahl verteidigen? Wir sehnen uns alle nach den Jungs, die solche Situationen am Ende geregelt kriegen.“

Der 43-Jährige führt aus: „Die sind im Seniorenbereich später Millionen von Euro wert, aber wir geben ihnen in der Jugend gar nicht die Chance, diese Fähigkeit auszubilden. Wir wollen daher ganz bewusst ins Risiko gehen. Denn was wird passieren? Am Anfang wird der Zweikampf verloren gehen.“ Nur durch das anfängliche Scheitern werde der Spieler lernen, zukünftig mit diesen anspruchsvollen Situationen erfolgreich umzugehen.

Vorbild Bayern und Co.

Broich geht davon aus, dass sein Konzept schon in wenigen Jahren erste Resultate zeigen wird. Vorbilder gibt es genug: „Es gab beispielsweise die School of 92 von Manchester United oder den Erfolg von Ajax Amsterdam 1995. Oder nehmen Sie das Beispiel des FC Barcelona: Dort standen 2012 zeitweise elf Spieler aus der eigenen Akademie auf dem Rasen – und die waren damals europäische Spitze. Auch dem FC Bayern ist es geglückt, mit Spielern wie Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm, Thomas Müller oder David Alaba eine Ära zu gründen.“ Jetzt möchte Broich beim BVB auch eine solche Ära prägen.

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