Vidal-Transfer – Rummenigges Kniefall vor Pep
Die Verpflichtung von Arturo Vidal unterstreicht eindrucksvoll, wer beim FC Bayern das Sagen hat. Der stolze Rekordmeister kuscht vor dem noch stolzeren Lehrmeister. Damit wirft der Transfer durchaus Fragezeichen auf.
Es ist bislang der Transferhammer des Sommers. Arturo Vidal wird voraussichtlich für 35 Millionen Euro von Juventus Turin zum FC Bayern wechseln. Abgesehen von der Frage, wie groß der Bedarf nach weiterer Weltklasse in der Mittelfeldzentrale der Münchner tatsächlich ist, verdeutlicht der Wechsel, wer das Zepter an der Säbener Straße in der Hand hält.
Pep Guardiola bekommt seinen Wunschspieler. Wieder einmal. Schon die Verpflichtungen von Thiago Alcantara und Xabi Alonso boxte der Katalane seit seiner Amtsübernahme 2013 durch. Wenngleich diese sportlich gesehen eine Bereicherung waren.
War der Transfer wirklich notwendig?
Allerdings muss sich die Frage der Sinnhaftigkeit einer Vidal-Verpflichtung auch die Führungsriege der Bayern um Karl-Heinz Rummenigge und Matthias Sammer gestellt haben. Zwar verlässt den Deutschen Meister mit Bastian Schweinsteiger eine absolute Identifikationsfigur, zwingend Ersatz war auf der Position aber nicht erforderlich. Mit David Alaba, Thiago, Alonso, Philipp Lahm, Javi Martínez tummeln sich die Stars in der Mittelfeldzentrale. Hinzu kommen Neuzugang Joshua Kimmich und Sebastian Rode.
Aber – der Chilene scheint ein Pep-Spieler zu sein. Im Gegensatz zu verdienten Bayern-Profis und Weltstars wie Toni Kroos oder Bastian Schweinsteiger, die den Rekordmeister mittlerweile verließen. Guardiola krempelt weiter nach seinem Gusto um. Dabei sehen womöglich auch zahlreiche Bayernfans eine Verpflichtung von Ángel di María als Priorität an. Auf den Flügeln konzentriert sich die Weltklasse nicht in gleichem Maße. Douglas Costa hin oder her. „Er (Costa, Anm. d. Red) ist kein Wunschspieler einer Einzelperson, das gibt es bei Bayern München nicht“, bemühte sich Sportvorstand Matthias Sammer jüngst, die Verantwortlichen aus der Schusslinie zu nehmen. Mit mäßigem Erfolg.
Neben der Notwendigkeit des Transfers mussten sich die FCB-Verantwortlichen zudem darüber bewusst sein, dass die Integrität des Vorstands auf die Probe gestellt werden würde. „Dass Arturo Vidal nicht kam, bedauere ich überhaupt nicht. Solche Spieler möchte ich nicht beim FC Bayern haben“, lehnte sich Rummenigge vor rund vier Jahren trotzig und weit aus dem Fenster. Damals hatte Jupp Heynckes gerade sein Amt in München angetreten und die Bayern buhlten um Vidal, der zu diesem Zeitpunkt noch bei Bayer Leverkusen spielte. Der Chilene entschied sich schließlich für einen Wechsel zu Juventus Turin. Für 12,5 Millionen Euro. Dort avancierte der frisch gebackene Copa América-Sieger zu einem der besten zentralen Mittelfeldspieler der Welt.
Rummenigges Gang nach Canossa
Nun veranlasst der bevorstehende Transfer Rummenigge sogar dazu zurückzurudern. Kurz die bayrische PR-Maschinerie angeworfen kam der geniale Einfall. „Der neue Mitarbeiter Reschke“ war doch damals bei Bayer Leverkusen. Dieser „hat mir mittlerweile die ganze Wahrheit gesagt. Leverkusen wollte damals einfach verhindern, dass Vidal nach München wechselt“, versucht der Europameister von 1980, die Wogen zu glätten.
Das allerdings klingt doch ein Stück weit konstruiert, wie die Aussage von Rudi Völler belegt: „Vidal hat sich zwischen zwei Weltklasse-Vereinen für Juve festgelegt. Darüber waren wir nicht traurig. Wenn Arturo nach München gewollt hätte, hätten wir uns auch mit den Bayern geeinigt.“ Denn so naiv, zu denken, seine damaligen Zitate würden ihm in Zuge des Transfers nicht noch einmal um die Ohren gefeuert werden, ist Rummenigge sicherlich nicht. So gleicht die Reaktion des 59-Jährigen Vorstandsvorsitzenden letztlich dem Kniefall vor Guardiola.
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