Rashford, Asensio, Malen – Villas Aufstieg zur Topadresse für gescheiterte Toptalente
Über Jahre hinweg schien in England die Big Six bestehend aus Manchester City, Manchester United, Tottenham Hotspur, dem FC Arsenal, dem FC Chelsea und dem FC Liverpool in Stein gemeißelt. Doch mittlerweile schickt sich ein Klub aus Birmingham an, die Dominanz der großen Sechs zu durchbrechen.
Rückblick 2016: Aston Villa steigt nach fast 30 Jahren in der Premier League in die Championship ab. Ein Schock für die Anhänger. Dabei kommt der Abstieg keinesfalls aus dem Nichts, seit 2011 dümpelt der Verein schon im Niemandsland der Tabelle vor sich hin. Stück für Stück rutschen die Villans in der Tabelle langsam aber sicher weiter nach unten, bis man 2016 dann sang- und klanglos als Tabellenletzter den Gang in die Zweitklassigkeit antreten muss.
Neun Jahre später sind diese dunklen Zeiten längst passé. In der vergangenen Saison zog Villa, mittlerweile wieder fester Bestandteil der englischen Beletage, auf Platz vier in die Champions League ein. Dort bezwang man in der Gruppenphase unter anderem den FC Bayern München mit 1:0 und sicherte sich sensationell einen Platz unter den ersten Acht. Dabei sind diese Erfolge alles andere als ein Zufallsprodukt.
Der Trainer als Heilsbringer
Nach dem Abstieg 2016 gab es für Villa nur ein Ziel: Der Wiederaufstieg. Nach zwei Investorenwechseln gelang es schließlich 2019 nicht zuletzt dank eines gewissen Jack Grealish wieder in die Premier League zurückzukehren. Dass sie gekommen waren, um zu bleiben, wurde durch Investitionen in Höhe von 160 Millionen Euro gleich nach dem Aufstieg deutlich. Doch weder Dean Smith noch Steven Gerrard schafften es, dem Klub eine klare und vor allem nachhaltig erfolgreiche Handschrift zu vermitteln.
Diese brachte dann allerdings ein Spanier mit, der in der Premier League eigentlich schon verbrannt war. Am 1. November 2022 wurde in Birmingham eine neue Ära eingeleitet, Unai Emery wurde als neuer Übungsleiter vorgestellt. Und der 53-Jährige, der beim FC Arsenal krachend gescheitert war, schritt gleich zur Tat. Emery, der auf dem Papier meist ein 4-2-2-2 oder ein 4-4-2 praktizieren lässt, verlieh dem Verein eine klare Spielidentität: Dominanten Ballbesitzfußball mit einem kontrollierten Spielaufbau und nur wenig langen Bällen. Nach spanischem Vorbild ist er ein Verfechter des Positionsspiels, der seinen Spielern nicht allzu große Freiheiten gewährt.
Sammelbecken von ehemaligen Toptalenten
Bereits nach seiner ersten halben Saison trug Emerys Arbeit die ersten Früchte, mit der Qualifikation zur UEFA Conference League durften sich die Fans zum ersten Mal nach 2010 wieder auf internationalen Fußball im Villa Park freuen. Ein weiteres Puzzleteil kam dann im Sommer 2023 zu Villa. Mit Monchi konnte man sich einer der begehrtesten Sportdirektoren im Fußball-Kosmos sichern.
Dieser verlieh dem Kader, der bereits vor seiner Ankunft mit einigen Spielern auf gehobenem Premier League-Niveau gespickt war, den letzten Schliff. Zu einer Defensive rund um Weltmeister-Keeper Emiliano Martinez, Tyrone Mings und Lucas Digne gesellt sich nun auch eine Offensive, die auch in der Breite einigen Gegnern das Fürchten lehren dürfte.
Spult man zurück ins Jahr 2019, gehören Donyell Malen, Leon Bailey, Marco Asensio, Marcus Rashford und Youri Tielemans zu den größten Talenten im Weltfußball. Während all diese Akteure ihre Spuren hinterlassen haben, blieb der letzte Schritt bislang aus. Eine Tatsache, die sich Aston Villa zunutze gemacht hat. All diese Spieler sind mittlerweile in ihren Mitzwanzigern und verfügen noch immer über unbestrittenes Entwicklungspotenzial. Dazu kommen Akteure wie Ollie Watkins, Morgan Rogers und John McGinn, die bei Villa ihren Durchbruch feierten und aus dem Ensemble von Emery nicht mehr wegzudenken sind.
Kluges Wirtschaften
Nicht zuletzt aufgrund des Financial Fairplay ist man beim englischen Meister von 1981 aber auch auf Einnahmen angewiesen, schließlich wurden die besagten Neuzugänge nicht für lau in den Villa Park gelotst. Dass die Strategie der Villans funktioniert, zeigen insbesondere die Exporte Richtung Saudi-Arabien. Während Moussa Diaby zu Beginn der Saison für 60 Millionen Euro nach Al Ittihad verscherbelt wurde, brachte der Transfer von Jhon Durán zu Al Nassr im zurückliegenden Wintertransferfenster sogar satte 77 Millionen Euro ein.
Im Gegensatz zu früher, wo man für Spieler wie Jack Grealish zwar ebenso viel oder sogar noch mehr Geld einnehmen konnte, diese aber nicht adäquat ersetzen konnte, wird das Geld eben nun klug reinvestiert. Zudem kommt es Villa und gerade den ehemals hochgelobten Toptalenten zugute, dass die Aufmerksamkeit in Birmingham weniger stark ist als bei Arsenal oder United.
Apropos United, den Red Devils und auch Tottenham Hotspur läuft man im englischen Oberhaus langsam aber sicher den Rang ab. Nachdem man bereits in der vergangenen Saison vor den beiden kriselnden Giganten gelandet war, scheint sich diese Tendenz in der aktuellen Spielzeit zu verfestigen. Der Weg auf Englands Thron ist angesichts der Konkurrenz aus Liverpool und Manchester City zwar noch immer beschwerlich, sollte sich Trend jedoch weiterhin fortsetzen, ist Träumen in Birmingham wieder erlaubt.
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