Sacha Boey ist Bayerns neuer Mann für hinten rechts. Allein schon die stolze Ablöse macht deutlich, dass sich die Münchner weit mehr versprechen als einen Notnagel.
„Das ist kein Fußballspieler.“ Diese wenig schmeichelhaften Worte über Bayern Münchens neuen Rechtsverteidiger Sacha Boey stammen von Domènec Torrent, Ex-Trainer von Galatasaray und einst Assistent von Pep Guardiola beim FC Bayern. Vom vernichtenden Urteil ihres ehemaligen Angestellten haben sich die Münchner Verantwortlichen offenkundig nicht abschrecken lassen.
Zur Wahrheit gehört, dass Torrent diese Worte im Sommer 2022, wenige Tage nachdem sein Vertrag bei Gala aufgelöst wurde, über die Lippen gekommen sind. Gut eineinhalb Jahre sind seit dem öffentlichen Verriss vergangenen – viel Zeit, sich zu verbessern. Und Boey hat sich enorm verbessert.
Aufschwung unter Buruk
Ob den Franzose dieser wenig schmeichelhafte Satz extra motiviert hat? Jedenfalls avancierte Boey nach Torrents Ende unter dessen Nachfolger zum Okan Buruk zum Stammspieler und absoluten Leistungsträger der Gala-Mannschaft. Das Vertrauen eines neuen Trainers und überstandene Verletzungsprobleme greifen als Begründung allerdings zu kurz.
Gute körperliche Voraussetzungen hatte der bei Stade Rennes ausgebildete Verteidiger schon immer. Und doch hat Boey physisch in der vergangenen Spielzeit nochmal ein neues Level erreicht. Der 23-Jährige ist ein umtriebiger, dynamischer Läufer, der für seine Hereingaben gerne den Weg nach vorne bis zur Grundlinie sucht. Dass er in der laufenden Saison bislang noch keine Vorlage verbuchen konnte, wird seinem starken rechten Fuß eigentlich nicht gerecht.
Trotz der mageren Scoring-Bilanz in dieser Saison (zwei Tore) kann Boey dem Münchner Angriffsspiel in dieser Hinsicht noch viel geben. Ganz klar fällt er in die Kategorie eines offensiv orientierten Außenverteidigers, der – sollte dies unter Thomas Tuchel noch einmal Thema werden – auch eine Dreierkette als rechter Schienenspieler flankieren könnte.
Mehr als ein Lückenbüßer
Nun präferiert der Bayern-Coach aktuell die Viererkette, zumal der Mangel an Innenverteidigern derzeit ohnehin keine Aufstellung mit drei Zentralen zulässt. Boey wird als klassischer Rechtsverteidiger, mit einer Ablöse von mindestens 30 Millionen Euro der teuerste der Bundesliga-Geschichte, gefragt sein. Als solcher sollte der 1,78-Mann seinen Hang zum Dribbling lieber im Zaum halten.
Übermut wird in Bundesliga und Champions League nämlich tendenziell schneller bestraft als in der Süper Lig. Generell wird Boey in den nächsten Monaten mit höherem Tempo und Trainingsniveau klarkommen müssen. Aber das ist ihm zuzutrauen. Dass er selbst auf Königsklassen-Niveau positiv herausstechen kann, ließ sich nicht zuletzt in den Gruppenspielen gegen Bayern beobachten. Es dürften vor allem diese Auftritte gewesen sein, mit denen sich der Rechtsfuß ins Blickfeld der Münchner gespielt hat.
Der Rekordmeister kann zufrieden sein. Kieran Trippier (33) mit seinem außergewöhnlich starken rechten Fuß mag Tuchels Wunschlösung gewesen sein, doch Boey geht als adäquate und obendrein zehn Jahre jüngere Alternative durch – ein möglicher Stammspieler, keine Notlösung. 30 Millionen Euro erscheinen deshalb nicht überteuert, mit Blick auf den schwierigen Winter-Transfermarkt schon gleich gar nicht. Womöglich hat inzwischen sogar Domènec Torrent seine Meinung über Boey geändert.
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