Mit Rodri erhielt in diesem Jahr ein Spieler den Ballon d’Or, der als ein eher ungewöhnlicher Preisträger daherkommt. Kein großer Torjäger, kein gehypter Social Media-Star, sondern einfach ein ehrlicher Arbeiter, der sich Schritt für Schritt hochgekämpft hat.
Lange Zeit hatte es danach ausgesehen, dass der große Favorit Vinícius Junior (24) den diesjährigen Ballon d’Or erhalten würde. Der trickreiche und torgefährliche Offensivspieler von Real Madrid, dessen Videos und Tricks in steter Regelmäßigkeit viral gehen. Doch am Ende stand mit Rodri (28) der Prototyp eines Fußballers auf der Bühne in Paris, der bei Award-Vergaben meist vergessen wird: Ein ehrlicher Arbeiter, der eher defensiv denkt und mit der schillernden Welt des heutigen Profifußballers nicht so richtig etwas anfangen kann.
Der spanische Sechser gehörte zwar zu den Favoriten, ist aber vor allem nach der Ära von Lionel Messi (37) und Cristiano Ronaldo (39) ein ungewöhnlicher Preisträger. Die ‚Gazzetta dello Sport‘ bringt am Tag nach der Gala auf den Punkt: „Ausnahmsweise hat nicht der übliche Bomber den Ballon d’Or gewonnen, wie es bei den beiden Kannibalen üblich war, die sich dreizehn der letzten fünfzehn Trophäen geteilt haben. Kurz gesagt, der Erbe von König Messi VIII. ist nicht Vinícius Junior, die Diva von Real Madrid, sondern Rodri, der Regisseur von Manchester City.“
Bei Atlético aussortiert
Es ist der späte Triumph eines harten Arbeiters, dessen Karriere lange Zeit nicht vorgezeichnet war und der sich Schritt für Schritt nach oben gearbeitet hat. „Rodrigo wurde durch harte Arbeit, viel Fleiß, Talent und eine große Anpassungsfähigkeit geschmiedet. Niemand hat ihm jemals etwas geschenkt. Nicht einmal diese Auszeichnung, die ihn in goldenen Lettern als einen der besten spanischen Spieler der Geschichte auszeichnet“, ordnet die ‚as‘ ein.
Von klein auf hatte Rodri den Wunsch, einmal Profifußballer zu werden. Mit elf gelang dem gebürtigen Madrilenen der Sprung in die Jugendakademie von Atlético Madrid. Sechs Jahre verbrachte er dort, ehe er aussortiert wurde. „Zu klein und schmächtig“ lautete die Begründung, die heute absurd wirkt, wenn man den 1,90 Meter großen Modellathleten vor Augen hat. Doch der Wachstumsschub ließ lange auf sich warten. Rodri ließ sich nicht unterkriegen, wechselte zum FC Villarreal.
Kein Fan von Statussymbolen
Dort fiel er nicht nur durch seine fußballerischen und strategischen Fähigkeiten auf, sondern vor allem durch seine Mentalität. Er trainierte hart, arbeitete fleißig und zeigte wenig Interesse an dem Luxus, den sich Mitspieler leisteten. Als der Mittelfeldspieler bereits zum Profi bei Villarreal aufgestiegen war, wohnte er noch einem Studentenwohnheim und fuhr über Jahre einen alten Opel Corsa, über den sich die Kollegen fortwährend lustig machten. Das war Rodri egal, ein Auto sei ja nur dafür da, „um von A nach B zu kommen“. Eine Einstellung, die sich bis heute nicht geändert hat, zum Training bei ManCity fährt Rodri stets in einem Leihwagen.
Nach fünf Saisons bei Villarreal, in denen er sich nach und nach unverzichtbar machte und unter dem heutigen A-Coach Luis de la Fuente zum spanischen U19-Nationalspieler wurde, klopfte Atlético wieder an. Rodri galt mittlerweile als möglicher Nachfolger von Barça-Legende Sergio Busquets in der Furia Roja und die Rojiblancos legten 20 Millionen Euro für ihren Ex-Jugendspieler auf den Tisch. Dank einer Ausstiegsklausel wechselte der Rechtsfuß jedoch bereits im nächsten Jahr für 70 Millionen zu Manchester City.
„Ihm fehlt das Marketing"
In der Premier League und unter Pep Guardiola nahm die Karriere des Sechsers richtig Fahrt auf. Von Beginn an war Rodri ein wichtiger Teil der Mannschaft, lernte von Kevin De Bruyne, Ilkay Gündogan und David Silva. Bald war er unverzichtbar. In der vergangenen Saison verlor City lediglich drei Spiele, Rodri fehlte jeweils gesperrt. Beim spanischen EM-Sieg im Sommer wurde er als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet.
Von daher sollte es sportlich kaum verwundern, dass Rodri in diesem Jahr auch den Ballon d’Or erhalten hat. Derartige Preise waren in der Vergangenheit jedoch stets eng mit der Vermarktungsfähigkeit eines Kandidaten verbunden. „Ihm fehlt das Marketing. Sonst würde er um den Ballon d‘Or mitkämpfen", sagte Spaniens Kapitäns Álvaro Morata (32) kurz nach der EM über seinen Teamkameraden, der Soziale Medien meidet und selbst mit WhatsApp nicht warm wird.
Bescheidene Dankesrede
Dennoch fiel die Wahl der Jury in diesem Jahr auf Rodri, der aktuell seit seines Kreuzbandrisses zu Saisonbeginn nur auf Krücken unterwegs ist. Typisch ist wiederum, dass mit Vinícius Junior mehr über den Zweitplatzierten geredet wird, als über den eigentlichen Sieger. Dieser vergaß weder Mitspieler noch Konkurrenten bei seiner Dankesrede und definierte sich selbst als „einen Mann, der Fußball aus Liebe spielt, der versucht, die Dinge richtig zu machen und der kein so großes Augenmerk auf die Stereotype außerhalb des Fußballs legt.“
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