Deutschland schraubt Frankreich auseinander | Viermal Note 1 für die DFB-Stars
Die runderneuerte deutsche Nationalmannschaft hat ihr erstes Spiel im EM-Jahr 2024 gewonnen. Am Samstagabend besiegte das DFB-Team den Vize-Weltmeister Frankreich in Lyon überzeugend mit 2:0. FT mit der Einzelkritik für die deutschen Spieler.
In der achten Spielsekunde erzielte Florian Wirtz mit einem fulminanten Schuss das schnellste Tor der deutschen Länderspielgeschichte. Davon beflügelt ließ Deutschland selbstbewusst Ball und Gegner laufen. Mitte der ersten Halbzeit zog Frankreich aber insbesondere über die Flügelstürmer Kylian Mbappé und Ousmane Dembélé das Tempo an und spielte seine physische Überlegenheit auch auf anderen Positionen besser aus. Marc-André ter Stegen vereitelte Mbappés erste Großchance (25.), später musste Robert Andrich mal in höchster Not retten. Noch vor der Pause bekam das DFB-Team das Geschehen aber wieder unter Kontrolle, ohne aber selbst richtig torgefährlich zu werden.
Nach der Pause legte Deutschland noch eine Schippe drauf. Nach Kai Havertz‘ 2:0 ließ das DFB-Team den EM-Favoriten dank technischer Klasse und Selbstvertrauen mehr als eine halbe Stunde lang hinterherlaufen und verpasste rund um die 75. Minute, das Ergebnis noch höher zu gestalten. Erst in den letzten Minuten des Spiels, als Julian Nagelsmann schon einige Male gewechselt hatte, kam Frankreich nochmal zu Chancen. Unter dem Strich ein hochverdienter Sieg des DFB-Teams, der hinsichtlich der Heim-EM im Sommer endlich nochmal positiv stimmt.
Torfolge
0:1 Wirtz (1.): Deutschland geht nach einer einstudierten Anstoß-Variante nach acht Sekunden in Führung. Kroos täuscht beim Anstoß einen Rückpass an, dreht sich dann um die eigene Achse und spielt quasi blind einen langen Ball auf Wirtz. Der hat sehr viel Zeit, nimmt aus über 20 Meter Maß und zimmert das Leder traumhaft in die Maschen.
0:2 Havertz (49.) Wirtz wackelt zwei Gegenspieler aus und zieht von links nach innen. Per traumhaften Flugball schickt er Musiala auf die Reise, der umkurvt Keeper Samba und legt dann ab für Havertz, der nur noch ins leere Tor vollenden muss.
Einzelkritik
Tor
Marc-André ter Stegen: Extrem cool mit dem Ball am Fuß und dadurch ganz wichtiger Teil des guten Spielaufbaus. Blieb im Duell mit Mbappé (25.) cool und fischte den Lupfer des Superstars mit einer Hand weg. Völlig souveräner Auftritt des frisch degradierten Keepers.
Abwehr
Joshua Kimmich: War sich der Wichtigkeit seiner Aufgabe gegen Mbappé bewusst und hielt sich offensiv deshalb lange zurück. Streute trotzdem ein paar gute Zuspiele ins letzte Drittel ein. Traf nicht immer die richtige Entscheidung im Eins-gegen-eins, musste Mbappé ein paar Mal ziehen lassen, stoppte ihn aber auch bemerkenswert oft.
Antonio Rüdiger: Sicherte Kimmich in seinen Duellen mit Mbappé in der Regel ordentlich ab. Im Spielaufbau sehr erwachsen. Vogelwilde Abspielfehler wie in den vergangenen Länderspielen blieben heute aus. Kurz vor Schluss dann mit einer spektakulären Rettungstat, die ihm zur Note 1,5 verhilft.
Jonathan Tah: Tah hatte Gegenspieler Thuram komplett im Griff. Im eigenen Ballbesitz merkte man ihm die Alonso-Schule an, der 28-Jährige löste auch enge Situationen gleichermaßen mutig und unaufgeregt mit flachen Zuspielen auf die Sechser. Starker Auftritt.
Maximilian Mittelstädt: Fußballerisch konnte der Stuttgarter bei seinem DFB-Debüt durchaus mithalten und fügte sich gut in die deutschen Ballstaffetten ein. Zudem mit einem tollen Abschluss (79.). In Verteidigungsaktionen gegen den pfeilschnellen Dembélé aber nahezu chancenlos. Ein ums andere Mal zog der Ex-Dortmunder davon, traf dann aber einige falsche Entscheidungen. Kurz vor Schluss fabrizierte Mittelstädt beinahe ein absurdes Eigentor, Rüdiger rettete jedoch kurz vor der Linie.
Mittelfeld
Robert Andrich: Erfüllte die Anforderungen an einen Partner von Toni Kroos perfekt. Andrich war zum einen ein verlässlicher Spielpartner, überließ dem Nebenmann aber die Kontrolle. Zum anderen räumte der Leverkusener kompromisslos ab und rettete auch mal in höchster Not. Tolles Startelf-Debüt.
Toni Kroos: Der Altmeister zeigte im Wortsinn von Sekunde eins an, wer der neue, alte Chef im Ring ist. Bereitete Wirtz frühes Tor vor, war der gewünschte Ball-Metronom im Zentrum (137 Ballkontakte) und verlieh Deutschland mit seiner Sicherheit schlagartig eine andere Aura und Spielweise. Zudem noch mit einigen kompromisslos gewonnen Zweikämpfen – der Auftritt eines echten Leaders.
Jamal Musiala: Allzu viel gelang Musiala gar nicht, doch arbeitete er emsig. Beim 2:0 dann mit der richtigen Entscheidung, nicht selbst aus spitzem Winkel abzuschließen, sondern auf Havertz abzulegen – eine spielentscheidende Aktion.
Ilkay Gündogan: Wie geplant rückte der Kapitän in eine offensivere Rolle und überließ somit die Hauptrolle Kroos. Auf der Zehn startete Gündogan mit zwei ungewohnten Fehlpässen und strahlte auch im Laufe der Partie keine Gefahr aus. Immerhin arbeitete er aber emsig mit nach hinten und war im späteren Spielverlauf eine verlässliche Station in der Ballzirkulation.
Florian Wirtz: Sein Treffer nach acht Sekunden demonstrierte Wirtz‘ ganze Klasse und sein ganzes Selbstbewusstsein. Spiele gegen Kaliber auf solchem Niveau wie dem des Vize-Weltmeister ist der Leverkusener eigentlich noch gar nicht gewohnt – und trotzdem glänzte er mit einer beinahe unheimlichen Selbstverständlichkeit. So auch bei seinem Zuckerpass vor dem 2:0.
Angriff
Kai Havertz: In Mittelstürmer-Rolle hing Havertz im ersten Durchgang ziemlich in der Luft und hatte einige unglückliche Aktionen beim Versuch der Ballsicherung. Mit seinem Tor zum 2:0 platzte aber der Knoten und Havertz reihte plötzlich eine gelungene Aktion an die andere.
Einwechslungen
ab 72. Chris Führich für Wirtz
ab 72. Thomas Müller für Gündogan
ab 80. Niclas Füllkrug für Musial
ab 80. Deniz Undav für Havertz
ab 89. Waldemar Anton für Kroos
Die Noten für das DFB-Team
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