In einem tollen Fußballspiel verdiente sich Deutschland am gestrigen Abend in Amsterdam ein 2:2. Dabei überwog deutlich das Positive. Aber auch Kritik ist angebracht. FT liefert die Erkenntnisse zum Auftritt gegen die Niederländer.
1) Die Mentalität passt
Es gibt leichtere Situationen, als nach rund zwei Minuten und einem eklatanten Abwehrfehler mit 0:1 in den Niederlanden zurückzuliegen. Doch was folgte, ist mit der Nationalmannschaft der vergangenen fünf, sechs Jahre nicht mehr vergleichbar. Unmittelbar nach dem Rückschlag stemmte sich das Nagelsmann-Team dagegen, entwickelte Druck, verfolgte eine klare Spielidee und übernahm im weiteren Verlauf die Kontrolle. Das ist alles andere als selbstverständlich gegen ein Team wie jenes von Ronald Koeman, das gespickt ist mit Weltklasse-Spielern in so gut wie jedem Mannschaftsteil. Deshalb: Hut ab vor Joshua Kimmich und Co., die eine echte Wandlung vollzogen haben in den zurückliegenden Monaten. Die fußballerische Qualität – das wusste man – war immer vorhanden. Doch inzwischen kann man auch wieder die Gier früherer Tage spüren.
2) Undav ein starker Füllkrug-Ersatz
Ein echter Neuner steht dem deutschen Offensivspiel gut zu Gesicht. Diese Erkenntnis reifte in Nagelsmann und wurde in diesem DFB-Lehrgang mit Leben gefüllt. Umso bitterer, dass Niclas Füllkrug im zweiten Spiel verletzt ausfiel. Die Option hätte bestanden, Kai Havertz in die Spitze zu beordern, doch Nagelsmann entschied sich für die Variante Deniz Undav und somit für mehr Präsenz als Wandspieler. Dass Undav zudem spielerisch auf einem sehr guten Level unterwegs ist, wies er gegen Oranje mehrfach nach und verdiente sich die FT-Note 1,5. In der Luft fehlen dem Stuttgarter im Vergleich zu Füllkrug zwar mehr als zehn Zentimeter, im vornehmlich flachen Spiel der Deutschen fällt das aber nicht weiter ins Gewicht. Undav hat jedenfalls eindrucksvoll Werbung für weitere Startelf-Einsätze gemacht.
3) Tah völlig orientierungslos
Einen Tag zum Vergessen erlebte dagegen Jonathan Tah. In den Zweikämpfen mit dem zwar deutlich kleineren, aber dafür umso breiteren Brian Brobbey hatte der Leverkusener regelmäßig das Nachsehen. Eklatant war dabei vor allem die Naivität, mit der Tah es immer wieder auf die gleiche Weise versuchte. Hier hätte sich der Innenverteidiger in seiner Zweikampfführung anpassen müssen, um Brobbey nicht ständig die Gelegenheit zu geben, sich mit einer Ballberührung um ihn herumzudrehen. Die Folge: FT-Note 6 und die Auswechslung zur Halbzeit. Doch was heißt das nun für die Zukunft? Sicherlich nicht, dass Tah grundsätzlich die Klasse fehlt, aber auch im fortgeschrittenen Fußballer-Alter von 28 Jahren muss man lernfähig bleiben. Wenn man einen Gegenspieler körperlich nicht dominieren kann, muss man alternative Wege finden. Auch eine Dopplung respektive bessere Staffelung mit Nico Schlotterbeck hätten sicherlich geholfen.
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