Königsklasse statt Abstiegskampf: Startet Glückspilz Tasci endlich durch?
Serdar Tasci hat sich seinen Wunsch von einer Rückkehr in die Bundesliga erfüllt – und das dann auch noch beim FC Bayern. Getrost darf man den Abwehrspieler als Nutznießer der Verletzungemisere an der Säbener Straße bezeichnen. Tasci winkt nun die einmalige Chance, seiner Karriere den entscheidenden Kick zu geben.
Schon bei seinem Bundesliga-Debüt profitierte Serdar Tasci vom Unglück eines Kollegen. Weil Ricardo Osorio am zweiten Spieltag der Saison 2006/07 gegen Arminia Bielefeld eine Rote Karte kassierte, wechselte Armin Veh den damals 19-Jährigen für Jon Dahl Tomasson ein, um die Abwehr zu stärken. Von da an lief es für den jungen Tasci wie im Märchen.
Der VfB gewann die Partie in Unterzahl durch ein Traumtor von Cacau. Tasci stand in den nächsten zwölf Partien immer von Beginn an auf dem Feld. Und am Ende der Saison hatte das VfB-Eigengewächs nicht nur seine ersten 26 Einsätze auf dem Buckel. Die Schwaben feierten nach einer Serie von sieben siegreichen Spielen die Deutsche Meisterschaft und verpassten nur knapp das Double. Tasci war ganz schnell ganz oben angekommen.
Es folgten wechselhafte Jahre am Wasen, in denen sich Taci zum Führungsspieler und Kapitän aufschwang und auch regelmäßig zur Nationalmannschaft eingeladen wurde. Weil es mit dem VfB aber nicht wirklich voranging und der Klub zudem Probleme hatte, sein Gehalt zu stemmen, verabschiedete sich der Innenverteidiger im Sommer 2013 in Richtung Russland.
Spartak Moskau überwies vier Millionen Euro und erhoffte sich viel vom neuen Abwehrchef. Etliche Verletzungen sorgten aber dafür, dass der Deutsch-Türke lange Zeit nicht zu seiner Topform fand. Erst in dieser Saison ist Tasci wieder richtig auf der Höhe und so wollte Spartak den mittlerweile 28-Jährigen in diesem Winter eigentlich nicht abgeben. Doch der Wunsch, nach Deutschland zurückzukehren, setzte sich bei Tasci fest.
Traum von VfB-Rückkehr
„Ich habe ja in Moskau noch bis 2017 Vertrag. Aber man sollte nie nie sagen. Ich würde mich jedenfalls riesig freuen, wenn es irgendwann mit der Rückkehr klappt – ob als Spieler oder in einer anderen Funktion nach meiner Karriere. Das ist mein Wunsch. Stuttgart ist meine Heimat. Genauso wie der VfB“, schickte Tasci noch Mitte Januar eine Job-Bewerbung an seinen Ex-Klub.
Nachdem der VfB die finanziellen Rahmenbedingungen einer Verpflichtung abgeklopft hatte, war aber schnell klar, dass eine Rückholaktion für die Schwaben nicht machbar ist. Der FC Schalke 04 schaltete sich infolge der Verletzung von Benedikt Höwedes ein und einigte sich auch mit Tasci. Doch die Forderungen aus Moskau überstiegen auch die königsblauen Möglichkeiten.
Als Tasci sich schon fast mit seinem Verbleib in Moskau abgefunden hatte, meldete sich der FC Bayern. Anders als bei seinem Bundesliga-Debüt war es dieses Mal keine Rote Karte, die dem Abwehrspieler in die Karten spielte. Javi Martínez hatte sich verletzt und so ergatterte Tasci kurzfristig einen Kaderplatz beim FC Bayern. Sein großes Glück: Er ist für den FCB auch in der Champions League spielberechtigt.
Märchen Teil zwei?
Es ist nun für Tasci die einmalige Chance, seine Karriere in die richtige Richtung zu lenken. Bereits in seiner Zeit beim VfB Stuttgart ließ er regelmäßig durchblicken, dass er nach Höherem strebt. Doch mit der Überraschungsmeisterschaft 2007 hatte Tasci den Höhepunkt am Neckar schon früh erreicht. Und auch die vergangenen Jahre in Russland liefen alles andere als nach Plan. Aber kann der 15-malige Nationalspieler es bei den Bayern, die sich eine Kaufoption über zehn Millionen Euro sicherten, überhaupt packen?
In der Chefetage scheint man uneins zu sein in dieser Frage. „Qualität ist nicht auf dem Markt, es gibt keine guten Spieler“, hatte Karl-Heinz Rummenigge noch wenige Tage vor dem Transfer gesagt. Matthias Sammer glaubt umso mehr an Tascis Potenzial: „Er ist in der Lage, uns mit seiner Qualität und Erfahrung sofort zu helfen.“
Entscheidend ist aber ohnehin einzig, was Pep Guardiola von Tasci hält. Allzu gut dürfte der Bayern-Coach seine neue Nummer 4 nicht kennen. Doch es ist nicht ausgeschlossen, dass der Taktik-Fanatiker schnell Gefallen findet an Tasci. Denn dieser bringt neben großer Spielintelligenz vor allem überdurchschnittliche Fähigkeiten in der Spieleröffnung mit. Ein Punkt, der in Guardiolas System besondere Beachtung findet. Auch körperlich sollte Tasci keine Probleme mit dem Tempo haben.
Die Bayern gehen mit der Verpflichtung kein großes Risiko ein und können eigentlich nur gewinnen. Tasci ist dies schon mit der Unterschrift in München gelungen. Spielt er sich in den kommenden Wochen tatsächlich fest, ist auch die EM in Frankreich wieder in greifbarer Nähe. Es ist an Tasci, aus seinem kurzfristigen Glück einen echten Karriere-Kick zu machen. Wie einst als 19-Jähriger in seiner Premieren-Saison.
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