Vertrauensentzug: Nagelsmann macht einen Fehler
Am heutigen Samstagabend (21 Uhr) testet die deutsche Nationalmannschaft gegen Frankreich. Bei der Aufstellung macht Julian Nagelsmann womöglich einen Fehler.
Der deutsche Fußball steckt bekanntermaßen in einer schon fast sechs Jahre wehrenden Krise. Seit dem WM-Aus 2018 in Russland gab es aber immerhin eine Maßnahme, die funktionierte. Eine Sache, auf die sich die über 80 Millionen Bundestrainer einigen konnten: Die Nominierung des echten Mittelstürmers Niclas Füllkrug für die WM 2022 und die folgenden Länderspiele ging auf.
Füllkrugs Bilanz seit seinem Debüt im November 2022: Zehn Tore und zwei Assists in 13 Länderspielen. Dafür benötigte der 31-Jährige lediglich 616 Einsatzminuten. Macht ein Tor alle 62 Minuten und sogar einen Scorerpunkt alle 51 Minuten. Eine Fabelquote.
Nagelsmann entzieht Füllkrug das Vertrauen
Doch nicht nur das: Füllkrug ist auch in Windeseile ein Führungsspieler geworden, das zeigen Einblicke aus der WM-Doku von ‚Prime Video‘ ganz genau. Zudem verfügt der Ex-Bremer über eine Körperlichkeit und Kopfballstärke wie sonst kein anderer deutscher Offensivspieler. Dass er bis zuletzt als gesetzt für die Heim-EM galt, stellte niemand infrage.
Außer dem Bundestrainer. Denn im heutigen Test in Lyon gegen Frankreich (21 Uhr) entzieht Julian Nagelsmann seiner Nummer neun das Vertrauen. Der Coach setzt auf Kai Havertz in vorderster Front, wie er auf der gestrigen Pressekonferenz bestätigte. Der gelernte offensive Mittelfeldspieler weiß aktuell als falsche Neun beim Premier League-Tabellenführer FC Arsenal zu überzeugen, sammelte in den vergangenen vier Ligaspielen sechs Torbeteiligungen.
Stürmer-Experimente mit Havertz unter Flick
Dass man auf einen potenziellen Ausnahmekönner in so guter Form nicht verzichten will, ist im Grunde nachvollziehbar. Doch zeigt die Vergangenheit, dass Havertz als alleiniger Stürmer im DFB-Team häufig in der Luft hing. Während der düsteren letzten Spiele von Hansi Flick begann Havertz gegen Polen (0:1), Kolumbien (0:2) und Japan (1:4) jeweils als Stürmer und lieferte überhaupt keinen Impact, geschweige denn ein Tor. Zudem machte er, der nicht gerade mit beeindruckender Körpersprache mitzureißen vermag, mit unglücklichen Aussagen die fehlende Fan-Unterstützung für die Krise des DFB-Teams verantwortlich.
Havertz verfügt zwar durchaus über Gefahr vor der Kiste, ist allerdings kein Spezialist für Ein-Kontakt-Abschlüsse wie Füllkrug und ist auch häufig zu lapidar in der Sicherung des Balles. Gerade im Spiel mit dem Rücken zum Tor hat Füllkrug nochmal große Vorteile. Ein Pluspunkt jedoch für Havertz: Der 24-Jährige ist schneller als Füllkrug und wird auch der schnellste Deutsche in der Offensivreihe gegen Frankreich sein. Klar ist aber auch: In der EM-Vorrunde gegen Schottland, Ungarn und die Schweiz braucht die DFB-Elf eher Füllkrugs Durchschlagskraft als Havertz’ Tempo. Spielerische Klasse versammelt sich ohnehin schon genug im Team.