FT-Kurve La Liga

Alarmstufe Rot in Barcelona – sechs Gründe

Der FC Barcelona wurde im Sommer für einen starken Transfermarkt gefeiert. Mit bescheidenen Mitteln wurde das Team gezielt und teils herausragend verstärkt. Trotzdem läuft es in der aktuellen Saison deutlich schlechter als im Vorjahr. FT begibt sich auf Spurensuche.

von Matthias Rudolph
4 min.
Xavi @Maxppp

Der FC Girona grüßt in La Liga mit 41 Punkten von der Tabellenspitze. Sieben Punkte weniger als der Underdog sammelte bislang der FC Barcelona. Die Titelverteidigung ist für die Blaugrana kurz vor Jahresende in weite Ferne gerückt. In der Vorsaison hatte man zum gleichen Zeitpunkt bereits 41 Zähler auf dem Konto. Die Gründe für das deutlich schwächere Abschneiden in dieser Spielzeit sind vielfältig.

Unter der Anzeige geht's weiter

Die defensive Stabilität

Vergangene Saison war Barça in Sachen Defensive das Maß aller Dinge. Nur 20 Gegentore mussten die Blaugrana in der gesamten Spielzeit hinnehmen. Sage und schreibe 26 Mal spielte Marc-André ter Stegen zu Null. In der aktuellen Runde wird es den Gegnern deutlich leichter gemacht, Tore zu erzielen. Girona schenkte Barça am Sonntag vor heimischem Publikum gleich vier Treffer ein. Die Katalanen stehen nun bereits bei 18 Gegentoren – und das nach erst 16 Partien. Dass mit João Cancelo ein neuer Außenverteidiger gekommen ist, der seine Stärken vor allem in der Offensive hat, ist dafür nur einer von vielen Gründen. Die unnötigen Gegentore stehen vielmehr sinnbildlich für zahlreiche tiefergehende Probleme.

Formschwäche

Schwache individuelle Leistungen sind in Barcelona zu häufig an der Tagesordnung. Ein Jules Koundé ist meilenweit entfernt von den bärenstarken Leistungen, die er zuvor regelmäßig im Trikot des FC Sevilla gezeigt hatte. Auch Andreas Christensen kommt bisher nicht an sein hohes Niveau aus der Vorsaison heran. Doch nicht nur hinten drückt der Schuh. Beim Thema Formschwäche denkt man zuallererst an Robert Lewandowski. Die einstige Tormaschine ist derzeit nur ein Schatten ihrer selbst. Lewy wirkt oft wie ein Fremdkörper, ihm fehlen die Spritzigkeit, die Klarheit in den Aktionen und noch überraschender: Der Killerinstinkt, der ihn in seiner Bundesliga-Zeit stets ausgezeichnet hat.

Unter der Anzeige geht's weiter

Wirtschaftliche Zwänge

Es ist kein Geheimnis, dass der große FC Barcelona finanziell nicht mehr auf Rosen gebettet ist. Im Sommer wurde klug gewirtschaftet, Top-Spieler wie Ilkay Gündogan, João Félix und Cancelo kamen ablösefrei oder per Leihe. Alle Baustellen im Kader konnte Barça aufgrund des leeren Kontos aber nicht beheben. Vor allem für einen adäquaten Nachfolger für Sergio Busquets fehlte das Geld. Der Welt- und Europameister war mehr als ein Jahrzehnt lang das Gehirn auf dem Platz und der verlängerte Arm jedes Barça-Trainers. Oriol Romeu war eher Notlösung als Erbe, der 32-Jährige bemüht sich nach Kräften, ihm fehlt aber die Qualität, um Busquets’ große Fußstapfen auszufüllen. Auch der Weggang von Tempodribbler Ousmane Dembélé schmerzt nachhaltig. Aus finanzieller Not räumte man dem Franzosen eine Ausstiegsklausel in Höhe von 50 Millionen Euro ein. Es war nur eine Frage der Zeit, ehe ein Klub Dembélé zum Schnäppchenpreis wegkauft.

Verletzungspech

Aber nicht alle Probleme in Barcelona sind hausgemacht. Dass immer wieder Schlüsselspieler ausfallen und das langfristig, ist schlichtweg Pech. Ronald Araujo, Pedri, Frenkie de Jong, Raphinha, Lewandowski – sie alle mussten in dieser Saison schon mehrere Spiele aussetzen. Dazu kommt der Ausfall von Rückhalt ter Stegen. Barças Nummer eins wird wohl erst im Februar wieder zwischen die Pfosten zurückkehren. Auf den ebenfalls immens wichtigen Gavi muss Coach Xavi sogar bis zum Saisonende verzichten. Es ist ein enormer Rückschlag, denn der giftige Zweikämpfer bringt eine Komponente ins Spiel, die die anderen feinen Techniker in Mittelfeld und Angriff oftmals vermissen lassen.

Unter der Anzeige geht's weiter

Mentalität

Womit wir beim Thema Einstellung und Mentalität wären. Dem spanischen Meister gelingt es in dieser Spielzeit nur phasenweise, den unbändigen Siegeswillen auf den Platz zu bringen. Gegen Girona ist Xavi in der Halbzeit dann erstmals der Kragen geplatzt. Der 43-Jährige appellierte an die Ehre seiner Mannschaft. Es könne nicht sein, dass sich Barça vor heimischem Publikum derart den Schneid abkaufen ließe, so die Ansage des Trainers. Gewirkt hat es nur kurz. Barcelona kam aus der Kabine mit neuem Schwung, der aber schnell verpuffte.

Xavi

Dass der Übungsleiter sein Team nicht erreicht, ist aus Barcelona nicht zu hören. Es mehren sich aber die Stimmen, die dem noch recht jungen Xavi die nötige Erfahrung absprechen, mit der aktuellen Situation umzugehen. Der Coach selbst verweist auf die Rahmenbedingungen, er sagt: „Wir sind eine Mannschaft in der Entwicklung“. Im Vergleich zur Vorsaison hat man sich aber eher zurückentwickelt. Noch besitzt Xavi das Vertrauen seiner Bosse um Präsident Joan Laporta. Sollte die überlebenswichtige Qualifikation für die Champions League allerdings ernsthaft in Gefahr geraten, dann dürfte es richtig eng werden für die Barça-Legende auf der Trainerbank.

Unter der Anzeige geht's weiter
Unter der Anzeige geht's weiter
In die Zwischenablage kopiert