Eredivisie

Ajax Amsterdam: Europas Talentschmiede träumt von alten Zeiten

Mit einem 1:0-Sieg gegen Erzrivale PSV Eindhoven behauptete Ajax Amsterdam vergangenen Sonntag seine Spitzenposition in der niederländischen Eredivisie. Torschütze war – wie der Name es vermuten lässt – Kolbeinn Sightorsson. Trotzdem ist die glorreiche Zeit des ehemaligen Spitzenklubs vorbei. Heute fungiert Ajax vor allem als Talentschmiede für die europäische Elite.

von Lukas Heimbach
5 min.
Ajax Amsterdam @Maxppp

Von Studenten der ‚Hogere Burgerschool‘ 1883 in einem Amsterdamer Kaffee gegründet, machte sich Ajax Amstderam in den 1960er Jahren auf, den Fußball, wie ihn die Welt bis dato kannte, zu revolutionieren. Ikonen wie Rinus Michels oder der große Johan Cruyff führten das berühmte hochstilisierte ‚Voetbal Totaal‘ ein.

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Voetbal Totaal und die goldene Generation

Die erste große Zeit hatte der Klub in den 70er Jahren, in der man mit Weltstars wie Cruyff oder Johan Neeskens den Pokal der Landesmeister sowie den Weltpokal nach Amsterdam holen konnte. Ende der 80er folgten Marco van Basten oder Frank Rijkaard. Bis Ende der 90er zählte der niederländische Rekordmeister zur absoluten Weltspitze. Gerade Mitte des Jahrzehnts prägte die junge Garde der ‚Ajacieden‘ den internationalen Spitzenfußball.

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Es war eine der ganz großen Blütezeiten der berühmten Fußballschule von Ajax. Spätere Weltstars wie Patrick Kluivert, Edgar Davids, Clarence Seedorf oder Dennis Bergkamp, die alle aus der hauseigenen Akademie stammten, machten ihre ersten Gehversuche auf internationalem Terrain. 1995 gewann man die Champions League im Finale gegen den AC Mailand mit 1:0. Siegtorschütze damals war nicht der zu dem Zeitpunkt fünfjährige Sightorsson, sondern der 18-jährige Kluivert. Ein Jahr später gelang erneut der Einzug ins Finale. Dort scheiterte man im Elfmeterschießen an Juventus Turin. Jari Litmanen wurde mit neun Treffern Torschützenkönig.

Das Ende der goldenen Generation

Mit dem Abgang van Gaals zum FC Barcelona 1997 folgte auch das Ende der goldenen Generation. Unter Neu-Trainer Morten Olsen folgte der Umbruch. Für 7,5 Millionen Euro holte er seinen bereits 33-jährigen Landsmann Michael Laudrup von Vissel Kobe aus Japan in die Eredivisie. Dies gilt bis heute als Anfang vom Ende der glorreichen Ajax-Zeit. Die Top-Talente zog es vor allem in die Serie A. Seedorf wechselte zu Sampdoria Genua, Bergkamp zu Inter Mailand, Kluivert zu Milan.

Zwar konnte der Verein immer wieder von seiner hervorragenden Jugendarbeit zehren, dennoch blieben größere Erfolge aus. Auch in den Niederlanden war Ajax längst kein Serienmeister mehr. Heutige Weltstars wie etwa Zlatan Ibrahimovic, Wesley Sneijder oder Luis Suárez trugen zwar in der Vergangenheit das Ajax-Trikot, konnten aber als herausragende Individualisten in einem durchschnittlichen Kollektiv keine Wende herbeiführen. Ajax diente lediglich als Sprungbrett für den großen Erfolg. So blieb dem niederländischen Tabellenführer meist nur das übrig, was sie am besten können und worauf sie heute meist reduziert werden: Junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs oder günstig zugekaufte Talente fördern und gewinnbringend weiterzuverkaufen.

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392 Millionen Euro Transfererlöse

Vorzugsweise fokussieren sich die Scouts der Niederländer auf vielversprechende Talente aus Belgien, Skandinavien oder von der Liga-Konkurrenz aus der Eredivisie. Spiele des SC Heerenveen und des FC Groningen waren und sind daher beliebte Reisziele der Amsterdamer Scouting-Abteilung. Der Schalker Klaas-Jan Huntelaar kam 2006 für neun Millionen Euro von Heerenveen in die Hauptstadt. Drei Jahre später verkaufte der Hauptstadtklub den ‚Hunter‘ für das Dreifache an Real Madrid. Luis Suárez fand aus Groningen den Weg nach Amsterdam. Für die Tormaschine aus Uruguay überwies Ajax 7,5 Millionen in die Studentenstadt und verkaufte sie 2011 für 26,5 Millionen an den FC Liverpool.

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In Skandinavien wurde man etwa auf Cristian Eriksen oder Jari Litmanen (Myllykosken Pallo, 1992) aufmerksam. Mit den beiden Belgiern Jan Vertonghen (12,5 Millionen Euro/Tottenham Hotspur) und Thomas Vermaelen (12 Millionen Euro/FC Arsenal) verkauften die Amsterdamer zwei heutige Premier League-Stars nach England. Einziger Transfer-Flop war der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte. 2008 wurde der Serbe Miralem Sulejmani für 16,25 Millionen Euro von Heerenveen in die Amsterdam-Arena geholt. Seit dem Champions League-Sieg 1995 generierte der holländische Rekordmeister mit erfolgreicher Personalpolitik rund 392 Millionen Euro an Transfereinnahmen.

Aktuell befindet sich die junge Truppe mit einem Altersschnitt von 23,2 Jahren auf gute Wege, wieder an erfolgreichere Zeiten anzuknüpfen. Um Kapitän Siem de Jong herum lassen die Youngsters wie der Däne Viktor Fischer oder Davy Klaassen die Verantwortlichen von der Vergangenheit träumen. Zum ersten Mal seit Jahren erreichte Ajax beinahe die K.O.-Phase der Champions League, wo man unter anderem den FC Barcelona mit 2:1 schlug. Im entscheidenden letzten Gruppenspiel reichte ein 0:0 gegen den AC Mailand trotz drückender Überlegenheit nicht fürs Achtelfinale.

In der Europa League-Zwischenrunde trifft Ajax auf RB Salzburg. Sollte man die Topspieler im Sommer halten können, ist kommende Saison in der Königsklasse nach langer Durststrecke womöglich wieder die Runde der letzten 16 drin. Coach ist derzeit der ehemalige Ajax-Star Frank de Boer, der von seinem ehemaligen Weggefährten Dennis Bergkamp unterstützt wird. Wie sie es in der Vergangenheit bereits eindrucksvoll geschafft haben, wollen die beiden Klub-Legenden Ajax zurück zum Glanz vergangener Tage führen. Und wenn nicht, dann geht alles seinen gewohnten Lauf. Topstars werden verkauft, neue ausgebildet. Finanziell weiterhin alles in Butter, würde der Verein sportlich wohl weiter auf der Stelle treten.

Die Top-Transferhistorie:

2013

Christian Eriksen: Tottenham Hotspur / 13,5 Millionen Euro

Toby Alderweireld: Atlético Madrid / 7 Mio.

2012

Jan Vertonghen Tottenham Hotspur / 12,5 Mio.

2011

Marten Steekelenburg: AS Rom / 7,325 Mio. (eigene Jugend)

Luis Suárez: FC Liverpool / 26,5 Mio. – kam für 7,5 Mio. vom FC Groningen

2010

Thomas Vermaelen: FC Arsenal / 12 Mio.

2009

Klaas-Jan Huntelaar: Real Madrid 27 Mio. – kam für 9 Mio. vom SC Heerenveen

Johnny Heitinga: Atlético Madrid / 10 Mio.

2007

Wesley Sneijder: Real Madrid / 27 Mio. (eigene Jugend)

Ryan Babel: FC Liverpool / 17,25 Mio. (eigene Jugend)

2005

Rafael Van der Vaart: Hamburger SV / 5,1 Mio. (eigene Jugend)

2004

Zlatan Ibrahimovic: Juventus Turin / 16 Mio. – kam 2002 für 7,8 Mio. von Malmö FF

2003

Christian Chivu: Inter Mailand / 18 Mio.

Andy van der Meide: Inter Mailand / 12 Mio. (eigene Jugend)

2001

Jesper Grönkjaer: FC Chelsea / 11,85 Mio.

Shota Arveladze: Glasgow Rangers / 4,5 Mio.

1999

Ronald de Boer: FC Barcelona / 7,5 Mio. (eigene Jugend)

Frank de Boer: FC Barcelona / 7,5 Mio. (eigene Jugend)

Sunday Oliseh: Juventus Turin / 10 Mio.

Edwin van der Sar: Juventus Turin / ablösefrei (eigene Jugend)

Jari Litmanen: FC Barcelina / 4 Mio.

1997

Marc Overmars: FC Arsenal / 7,5 Mio. (eigene Jugend)

Patrick Kluivert: AC Mailand / 2 Mio. (eigene Jugend)

1996

Nwankwo Kanu: Inter Mailand / 3,925 Mio. (eigene Jugend)

Edgar Davids: AC Mailand / ablösefrei (eigene Jugend)

Finidi George: Betis Sevilla / 10 Mio.

1995

Clarence Seedorf: Sampdoria Genua / 5 Mio. (eigene Jugend)

1993

Dennis Bergkamp: Inter Mailand / 17,25 Mio. (eigene Jugend)

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