Domenico Tedesco ist nach Julian Nagelsmann der jüngste Trainer im deutschen Profifußball. Dabei stand der 31-Jährige vor sieben Jahren noch in der Kreisliga B an der Seitenlinie. Mit FT spricht er über den Traumstart bei Erzgebirge Aue, die Rückkehr zu seinem Heimatverein VfB Stuttgart und seine Zeit als Coach in der Kreisliga.
Herr Tedesco, Ihre Bilanz nach acht Spielen ist bemerkenswert: Fünf Siege, zwei Unentschieden und eine Niederlage. Und das beim Abstiegskandidaten Erzgebirge Aue. Sind Sie zufrieden mit dem Start?
Domenico Tedesco: Alles in allem bin ich natürlich sehr zufrieden. Wir machen es aber nicht von Ergebnissen abhängig. Wir hätten jetzt auch vier Spiele verlieren können und wären trotzdem zufrieden. Weil die Leistung stimmt, weil die Jungs gut arbeiten und weil sie gut Fußball spielen.
In Aue trafen Sie auf eine verunsicherte Mannschaft, die aus den vorigen 14 Spielen einen Sieg geholt hatte. Hatten Sie keine Angst, dass es gleich bei der ersten Station nach hinten losgeht?
Es kann immer schiefgehen im Fußball. Hier in Aue hatte ich im Vorfeld aber sehr gute Gespräche, die in eine ganz klare Richtung gingen. Der Verein hat damals schon signalisiert, dass er auch beim Abstieg an mir festhalten würde. Alles andere hätte ich nicht gemacht. Über Risikofaktoren habe ich mir auch deshalb keine Gedanken gemacht, weil die Mannschaft sich schon vor meinem Amtsantritt intakt präsentiert hat.
Das Team tritt mittlerweile mit breiter Brust und voller Selbstbewusstsein auf. Wo haben Sie den Hebel angesetzt?
Wir haben viele Einzelgespräche geführt. Nicht nur mit dem Kapitän, sondern mit jedem einzelnen Spieler. Dazu haben wir auch die Gegner und unsere Probleme genau studiert. Zentrales Thema waren die vielen Gegentore, die wir kassiert haben. Wir haben gesagt: Wir müssen eine Mannschaft werden, gegen die es schwierig ist, ein Tor zu erzielen. Wir hatten dann die Idee, auf Dreierkette umzustellen. Entscheidend war, dass wir die richtigen Spieler dafür hatten und sich alle voll damit identifiziert haben.
Wie weit ist das Ziel Klassenerhalt gefühlt noch entfernt?
Es klingt wie eine Floskel, aber wir denken erstmal nur an das Spiel gegen den VfB Stuttgart. Da warten große Aufgaben und alles andere würde uns nur ablenken.
Wird es in Stuttgart ein besonderes Spiel für Sie?
Ich würde lügen, wenn ich Nein sagen würde. Ich war als Kind im A-Block und habe dort neun Jahre als Trainer gearbeitet. Unsere Wohnung, in der meine Frau derzeit mit unserer kleinen Tochter wohnt, ist einen Kilometer vom Stadion entfernt. Das ist natürlich unsere Heimat.
In der Saison 2010/11 standen Sie noch beim ASV Aichwald II in der Kreisliga B an der Seitenlinie. Sind Sie manchmal selbst überrascht von Ihrer steilen Karriere?
Es war alles nicht geplant. Ich bin damals beim VfB in der U9 eingestiegen, weil mir die Arbeit mit Jugendlichen unfassbar gut gefällt. Und dann kam alles peu á peu. Es kommt im Leben manchmal eben ein bisschen anders als erwartet.
Vermissen Sie auch etwas aus der damaligen Zeit als Kreisliga-Coach?
Klar. Mit meinen Freunden aus der Kinderzeit zusammen zu sein, hat mir großen Spaß gemacht.
Wann haben Sie erstmals gemerkt, dass der Traum vom Beruf Trainer wahr werden könnte?
Nach dem Studium hatte ich die Möglichkeit als Ingenieur zu arbeiten – parallel zum Fußball. Irgendwann kam dann der Moment, als ich mich entscheiden musste, ob ich den Schritt wage, U17-Cheftrainer beim VfB zu werden, weil Thomas Schneider zu den Profis gewechselt war. Die Frage war: Verlasse ich den sicheren Job und gehe komplett in den Fußball? Ich hatte damals aber auch keine Tochter und das Risiko war überschaubar. Lange überlegen musste ich nicht.
Sie haben den Vergleich wie kaum ein anderer: Wie viel Kreisliga steckt noch im Profigeschäft?
Das Drumherum ist natürlich anders. Und wie die Spieler ausgebildet sind, die Art und Weise der Trainingsinhalte. Aber der gespielte Fußball am Ende und dass es immer um Menschen geht, das ist der gemeinsame Nenner.
Bei Ihrer Vorstellung erwähnten Sie, dass es auch Anfragen aus der Bundesliga gab. Ist das der nächste Schritt?
Ich bin voll und ganz in Aue. Alles andere ist mir völlig egal. Denn hier wurde mir vertraut. Es ist nicht selbstverständlich, einem 31-Jährigen in so einer Situation zu vertrauen. Und daher bin ich einfach nur froh, hier zu sein.
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