Serie A

Antonio di Natale: Die neapolitanische Torschmaschine

Sicherlich ist Antonio di Natale körperlich nicht gerade der Größte. Rund ums Stadio Friuli und in den Herzen der Fans von Udinese Calcio ist er aber wohl der größte Spieler aller Zeiten. Nun kündigte er überraschend an, dass die diesjährige Saison seine letzte sein wird. Grund genug, der Torschmaschine von Udinese Calcio Respekt zu zollen.

von Lukas Heimbach
4 min.
Udinese Calcio Antonio Di Natale @Maxppp

Ich habe darüber mit meiner Familie gesprochen, und ich werde darüber mit dem Verein sprechen“, sagte der 36-Jährige vergangenen Montag laut der italienischen Nachrichtenagentur ‚Ansa‘. Demnach will der Ex-Nationalspieler Italiens seine Fußballschuhe am Saisonende an den Nagel hängen. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich wusste von nichts“, reagierte Udienese Calcio-Coach Francesco Guidolin überrascht und geschockt zugleich. Nach 18 Jahren Profifußball und zehn Jahren Udinese, in denen er für den norditalienischen Klub alles in die Waagschale warf, was er konnte, hat er sich seinen Abschied allerdings mehr als verdient.

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Auf den Spuren von Maradona

Auf den Spuren des großen Diego Armando Maradona träumte der gebürtige Neapoiltaner einst von einer großen Karriere beim SSC Neapel. Mit 13 Jahren wurde ‚Totó‘, wie er aufgrund seiner eher geringen Körpergröße von 1,70 Meter genannt wird, von Scouts des FC Empoli entdeckt und verließ für den Traum der großen Fußballbühne seine Heimat in Richtung Toskana. Die ersten Gehversuche im Profifußball machte der quirlige Mittelstürmer jedoch erst verhältnismäßig spät im Alter von 20 Jahren, in der Saison 1997/98.

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Damals war er von Empoli in die Serie D zum Viertligisten Iperzola ausgeliehen. Nach zwei weiteren Engagements als Leihspieler bei der AS Varese und dem FC Esperia Viareggio schaffte di Natale beim toskanischen Klub in der Serie B endlich den Durchbruch und stieg 2001/02 in die Serie A auf. Gleich in seiner ersten Serie A-Saison konnte der quirlige Stürmer 13 Tore für den FC Empoli erzielen und wurde von Giovanni Trappatoni prompt in die Squadra Azzurra berufen. Mit dem Abstieg zwei Jahre später wechselte der Torjäger schließlich zu Udinese Calcio. Fortan sollte es sein letzter Wechsel bleiben.

„Habe dem Präsidenten geschworen, meine Karriere bei Udinese zu beenden“

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Beim Verein aus der Region Friaul bestreitet der Ex-Nationalspieler derzeit seine zehnte Saison und genießt längst Kulstatus rund um Stadio Friuli. In der Saison 2009/10 war ‚Il Capitano‘ die Lebensversicherung des Klubs aus der Region Friaul, den er nahezu im Alleingang in der Serie A hielt. So erzielte der Torschützenkönig mit 29 der insgesamt 54 Saisontreffer mehr als die Hälfte aller Tore des italienischen Erstligisten. Im Jahr darauf holte das torgefährliche Kraftpaket mit 28 Treffern erneut die ‚Capocannoniere‘ (Torschützenkanone) und führte Udinese auf Rang vier und somit in die Champions League-Qualifikation.

Juventus Turin wollte den quirligen Stürmer mehrfach ins ehemalige Stadio delle Alpi locken. Ohne Erfolg. Di Natale hielt Udinese die Treue. „Ich habe dem Präsidenten geschworen, meine Karriere bei Udinese zu beenden. Und mein Wort ist mehr wert als jede Unterschrift auf einem Vertrag“, schwor di Natale einst – und hielt Wort.

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Der Neapolitaner ist ein echtes Vorbild von dem alle vielversprechenden Pespektivspieler, von denen es beim Klub nahe der italienisch-slowenischen Grenze einige gab, stets viel lernen konnten. So gilt er auch als Offensiv-Lehrmeister zahlreicher hochtalentierter Kicker. Das 36-jährige Schlitzohr sah in seiner knapp zehnjährigen Amtszeit bei Udinese zahlreiche Namen kommen und gehen. Alexis Sánchez (FC Barcelona), Asamoah Gyan (Stade Rennes), Fabio Quagliarella, Gökhan Inler (beide SSC Neapel), Sulley Muntari (FC Portsmouth) sowie Kwadwo Asamoah, Mauricio Isla und Vincenzo Iaquinta (alle Juventus Turin). All diese Stars kehrten den Friaulen den Rücken. Di Natale blieb und machte weiter das, was er am besten kann: Tore schießen.

Die erste ‚Falsche Neun‘ Europas?

Dabei ist der Mittelstürmer kein klassischer, lauffauler Knipser. Vielmehr ist er ein mannschaftsdienliches Arbeitstier, das sich Bälle häufig im Mittelfeld holt und Angriffe initiiert, die es anschließend meist kalt wie eine Hundeschnauze selbst abschließt. Neben Killerinstinkt und Erfahrung verfügt der Italiener aber auch im fußballgreisen Alter noch über eine Technik, die zum Zungeschnalzen einlädt. Als ‚seconda punta‘, wie man in Italien sagt, gleicht der Italiener eher einem hängenden Stürmer oder im Jargon der gegenwärtigen Taktiktheorie des modernen Fußballs zu bleiben: Der ‚Falschen Neun‘. Womöglich die erste Europas.

So kraftvoll und impulsiv er häufig auf dem Platz wirkt, so ruhig ist der heute 36-Jährige außerhalb des Platzes. In 373 Serie A-Partien erzielte ‚Il Capitano‘ bislang 180 Tore und bereitete 48 Treffer vor. Aktuell steht die Udienese-Ikone bei erst vier Saisontreffern. Sollte er auf seiner Abschlusstournee in der Rückrunde weitere fünfmal treffen, würde er die argentinische Legende Gabriel Batistuta (184 Tore) überholen und in die Top 10 der besten Serie A-Torschützen der Historie einziehen.

Trotz seines fortgeschrittenen Alters hieß es jüngst, dass sich der 42-fache Nationalspieler (elf Tore) – ähnlich wie der ebenfalls 36-jährige Francesco Totti – berechtigte Hoffnungen auf einen Platz im WM-Kader der Squadra Azzurra machen könne. Dies räumte Nationaltrainer Cesare Prandelli zuletzt ein. Für di Natale wäre die WM-Teilnahme sicherlich ein traumhafter Abschied – zu gönnen wäre es ihm. Und auch wenn ‚Totó‘ mit Udinese nie einen Titel holte, wird ihn die Serie A in der kommenden Saison mit Sicherheit vermissen.




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