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Shkodran Mustafi im FT-Interview: „Der BVB ist ein super Verein"

Seit 2014 spielt Shkodran Mustafi beim FC Valencia. Bei seinen vorherigen Stationen Hamburger SV, FC Everton und Sampdoria Genua hat der Weltmeister bereits eine Menge erlebt. Im Gespräch mit FussballTransfers äußert sich der 24-Jährige über das Leben in der spanischen Sonne, Borussia Dortmund und seinen absoluten Traumklub. Sandro Wagner kann er unterdessen verstehen.

von Lukas Hörster
7 min.
Abwehrchef in Valencia: Shkodran Mustafi @Maxppp

Herr Mustafi. Sie Leben in einer der schönsten Städte Spaniens. Was gefällt Ihnen besonders an Valencia?

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Shkodran Mustafi: Valencia ist eine wirklich schöne Stadt. Es gibt den Strand, man hat schönes Wetter und einen großen Verein in der Stadt. Man hat so ziemlich alles, was man braucht, sodass man sich wirklich wohlfühlen kann.

Kann das schöne Leben dort vom Fußball ablenken?

Als Typ, der leicht abzulenken ist, ja. Es gibt viele kleine Sachen, die ablenken könnten. Aber ich weiß, wann ich mich zur Ruhe setzen und das Wetter genießen kann und wann Arbeit ansteht.

Sie haben es in den vorläufigen EM-Kader von Joachim Löw geschafft. Was rechnen Sie sich persönlich für die Europameisterschaft aus?

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Ich bin kein Typ, der Ansprüche stellt. Ich will meine Trainingseinheiten und meine Vorbereitung positiv beeinflussen. Darauf konzentriere ich mich. Alles weitere liegt in den Händen des Bundestrainers.

Graut es Ihnen, erneut auf den letzten Drücker gestrichen zu werden, so wie vor der WM 2014, als Sie erst als Nachrücker für den verletzten Marco Reus zum Team stießen?

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Durch solche Gedanken will ich nicht zu viel Kraft und Energie verlieren. Ich bin niemand, der zu Hause im Bett liegt und sich um so etwas sorgt. Erstens werde ich auf meine Fragen schlichtweg keine Antworten erhalten und zweitens muss man im Fußball ohnehin mit allem leben können. Entscheidungen, die man selbst trifft und solche, die einem abgenommen werden.

Bei der WM waren Sie auch als Rechtsverteidiger unterwegs. Gab es dahingehend bereits ein Gespräch mit Joachim Löw, ob er bei der EURO erneut mit Ihnen auf der Außenbahn plant?

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Nein, noch gab es kein Gespräch mit dem Bundestrainer. Ich stelle mich in den Dienst der Mannschaft, das habe ich häufig genug betont. Außerdem sehe ich mich nicht als Lückenfüller, sondern es viel mehr als Kompliment an, wenn man mir auch die Außenverteidigerrolle zutraut. Ich lerne gerne dazu und dabei helfen auch unterschiedliche Positionen.

Und im Verein? Dort sind Sie mittlerweile als zentraler Abwehrchef etabliert.

Man hat einen Vertrag und hat sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Angenommen der Trainer sagt, dass ich als Innenverteidiger nicht in sein Konzept passe, wäre ich froh, zumindest das Vertrauen als Außenverteidiger zu bekommen. Ich bin niemand, der jammert. Natürlich ist es einfacher, auf einer vertrauten Position aufzulaufen. Aber ich stelle mich gerne neuen Herausforderungen.

Nur Platz zwölf in der Liga ist für Valencia nicht zufriedenstellend. Wie bewerten Sie Ihre eigenen Leistungen in der abgelaufenen Saison?

Wir haben unsere Ziele nicht erreicht. Es ist schwierig, bei einer solchen Saison einzelne herauszuheben. Es gab bei uns viele Kleinigkeiten, die sich mit der Zeit zu einem großen Problem zusammengestaut haben. Ich kann von mir aber nicht behaupten, dass ich mit mir gar nicht zufrieden bin. Ich warte nun erstmal die EM ab, ehe ich einen persönlichen Schlussstrich unter die Saison ziehe und mich selbst reflektiere. Anschließend ziehe ich ein Fazit.

Auch Trainer treffen falsche Entscheidungen, die zur Zusammenballung eines Problems führen können. Gary Neville auf der Valencia-Bank gilt als ein kein ganz geglücktes Experiment.

Neville sollte man nicht festnageln. Es ist nun leicht, vom „Problem Gary Neville“ zu sprechen. Doch gleichzeitig kann man auch sagen, dass das Problem jene Leute sind, die ihn installiert haben. Vielleicht hatte Neville auch tatsächlich gute Ideen, die er aber mit unserer Mannschaft nicht umsetzen konnte. Für unsere zahlreichen entscheidenden Fehlpässe kann auch der Trainer nichts. Es ist schwierig zu beurteilen, wer die Schuld an unserer Saison hat. Allzu viel kann aber nicht rund gelaufen sein, sonst hätten wir die Saison nicht auf Platz zwölf abgeschlossen. Ich habe große Respekt vor ihm und seiner Karriere als Spieler. Dennoch tut es mir leid, dass er gleich auf seiner ersten Station keinen Erfolg hatte und wir ihm nicht weiterhelfen konnten.

Wo sehen Sie die Leistungsstärke der Priméra División im Vergleich zu den anderen Topligen Europas?

Die internationalen Erfolge der vergangenen Jahre sprechen für sich. Es ist bei weitem nicht mehr so, dass nur noch Barça und Real den Ton angeben. Es gibt Atlético, das seit Jahren konstant an der Spitze stehen. Klubs wie Sevilla, Villarreal, Athletic Bilbao oder wir liefern kontinuierlich gute Ergebnisse im europäischen Wettbewerb.

Wie sehen Sie die Spielweise?

Die unterscheidet sich unter den Vereinen doch sehr. Es mag sein, dass in Spanien mehr Mannschaften Wert auf Ballbesitz und -zirkulation legen als vielleicht in England oder der Bundesliga. Doch kommt es in meinen Augen immer darauf an, welcher Fußball zum aktuell tatsächlich vorhandenen Spielermaterial eines Klubs passt. Bestes Beispiel ist für mich Leicester City, das trotz wenig prominenter Einzelspieler die englische Meisterschaft gewinnen konnte, indem es aus seinen Möglichkeiten das Bestmögliche herausgeholt hat.

Wie aufmerksam verfolgen Sie eigentlich die Bundesliga?

Natürlich bekomme ich so einiges mit. Allein durch soziale Netzwerke entgeht einem nichts. Ich will natürlich auch sehen, was die Kollegen aus der Nationalmannschaft so anstellen. Ich bin zwar nicht der Typ, der sich 90 Minuten vor den Fernseher setzt und ein Spiel schaut, dennoch möchte ich stets ergebnistechnisch auf dem Laufenden bleiben.

Die Aussage von Sandro Wagner, wonach selbst ein Jahresgehalt von zehn Millionen Euro im Jahr noch zu wenig für Profifußaller sei, schlug in Deutschland hohe Wellen. Können Sie ihm folgen?

Ich weiß zumindest, worauf er hinaus will. Ich kann aber auch die Leute verstehen, die sich nun fragen, ob er eine Macke hat. Jedoch ist es so, dass die Leute tatsächlich häufig nur die 90 Minuten im Fernsehen verfolgen, oft aber nicht wissen, was tatsächlich hinter diesem Produkt steckt. Unser Leben ist schon anstrengend. Ein Beispiel: Meinen Urlaub kann ich bisher nicht buchen. Ich weiß nicht, ob ich zur EM fliege und wie weit wir da kommen werden. Man kann demzufolge nichts planen. Kollegen, die Familie haben, können da schon in Probleme kommen. Zudem ist es schwierig, sich mit Freunden in der Öffentlichkeit zu bewegen. Ständig wird man angesprochen oder nach Fotos gefragt. Man ist eine Person der öffentlichen Lebens. Das ist aber natürlich auch eine schöne Sache. Ich kann Sandro verstehen und weiß, was er meint, weil ich ähnlich lebe wie er.

Ein weiteres heiß diskutiertes Thema ist der Bundesligaaufstieg des brausefinanzierten Klubs RB Leipzig. Wie wichtig ist Ihnen Tradition bei Ihrer Vereinswahl?

Ich spiele gerne für große Traditionsklubs. Bisher habe ich auch nur für Vereine mit einer tollen Historie gespielt. Mir gefällt es, Geschichten von einstigen Titelgewinnen oder großen Spielern zu hören. Es gibt aber auch Leute, die so etwas nicht interessiert. Häufig legen diese Wert darauf, wie der Verein aktuell spielt. Hat er tolle Kicker und spielt einen geilen Fußball, ist es für mich nachvollziehbar, sich einem solchen Klub anzuschließen.

Ein Verein mit großer Tradition ist sicher Borussia Dortmund. Da dürfte Ihnen die Rolle als Nachfolger von Mats Hummels doch sicher schmecken…

Es ist eine super Mannschaft mit super Spielern. Nach einer kleinen Krise haben sie sich in diesem Jahr wieder gefangen. Ich habe großen Respekt vor dem BVB. Und egal, auf welcher meiner bisherigen Stationen ich war: Überall spricht man über diesen Verein mit seiner tollen Atmosphäre und dem riesigen Stadion. Wenn man mich mit diesem Verein in Verbindung bringt, nehme ich das für mich erst einmal als Kompliment. Jedoch bin ich nicht in der Situation, um das Thema eines Wechsels nun anzugehen. Für mich steht zunächst die EM im Vordergrund. Solche Themen erfordern wirklich viel Zeit, die ich derzeit nicht habe. Ich bin kein Typ, der große Geheimnisse machen möchte, aber es macht keinen Sinn, eine solch große Entscheidung innerhalb einer Woche zu treffen. Ich nehme mir dafür die nötige Zeit, da es meine Karriere beeinflusst. Und die ist mir sehr wichtig.

Letzte Frage: In einem FT-Interview vor sechs Jahren sagten Sie einmal, dass Real Madrid Ihr Traumklub sei. Ist das noch aktuell?

Ich war nie das Kind, das verrückt nach einem bestimmten Verein war. Eher fand ich mehrere Mannschaften geil. Dazu gehörte Real Madrid und das ist auch heute noch so. Das ist ein super Verein. Aber in erster Linie geht es darum, was mich in meiner Karriere voranbringt. Sollte ich für mich entscheiden, dass dies ein Wechsel nach Madrid wäre, würde ich es machen. Jedoch nicht auf Teufel komm raus. Vielleicht würde ich mir Gedanken um den Druck machen, der dort herrscht. In einem solchen Fall würde ich dort jedoch nicht hingehen, nur um mir den Traum vom weißen Trikot zu erfüllen.

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