„Spinner“-Affäre um Schmidt: Eine scheinheilige Diskussion

Roger Schmidt ist wieder einmal negativ aufgefallen. Am vergangenen Wochenende bezeichnete er seinen Trainer-Kollegen Julian Nagelsmann von der TSG Hoffenheim als „Spinner“ und trat eine Debatte über die Umgangsformen im Sport los. Ein eindeutiger Fall von: Man kann es auch übertreiben.

von Matthias Rudolph
2 min.
Roger Schmidt muss zwei Spiele von der Tribüne aus zuschauen @Maxppp

Ja, es war nicht das erste Mal, dass Roger Schmidt die Beherrschung verloren hat. Genau darum wurde der Trainer von Bayer Leverkusen ja nun auch für zwei Spiele gesperrt. Zusätzlich entrichtet Schmidt eine gemeinnützige Spende in Höhe von 15.000 Euro. Und der 49-Jährige gibt sich einsichtig: „Ich respektiere und akzeptiere das Urteil vorbehaltlos und kann die Argumentation des Gerichts aufgrund der Vorgeschichte im Rahmen des Dortmund-Spiels im vergangenen Februar nachvollziehen.“ Alles geklärt also?

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Mitnichten. Denn seit Tagen nun diskutieren Trainerkollegen, Experten, Medienvertreter und jeder, der gefragt wird, ob Schmidt mit seinen Worten („Was bist du denn für ein Spinner? Das war doch nichts. Halt doch mal die Schnauze“) nicht deutlich übers Ziel hinausgeschossen ist. Marcel Reif beispielsweise sagt: „Es gibt Grenzen und das war nicht hochdeutsch“. Der ‚Express‘ bringt gar eine Trainerdiskussion in Leverkusen in Gang. Doch wird nicht vielmehr mit der andauernden Diskussion eine Grenze überschritten?

Denn Fakt ist: Schmidt hat Nagelsmann nicht auf persönlicher Ebene angegangen, wie es einst Marco Meterazzi im WM-Finale von 2006 gegen Zinédine Zidane tat. Und wer schon einmal Fußball gespielt hat – egal auf welchem Niveau – der weiß, dass auf dem Platz noch ganz andere verbale Scharmützel ausgetragen werden. Da bleibt es nicht immer beim „Spinner.“ Es dürfte wohl kaum einen Fußballer geben, der im Eifer des Gefechts nicht schon mal die Etikette links liegen ließ. Die nicht enden wollende Kritik an Schmidt erscheint daher äußerst scheinheilig.

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Unterstützung von Streich

Gleiches merkte auch Christian Streich an. Angesprochen auf die Affäre um Schmidt entgegnete der Coach vom SC Freiburg trocken: „Wir sind auf dem Kickplatz und da wird auch mal vulgärer gesprochen und da rummst es ab und zu.“ Und auch in Sachen Vorbildfunktion sieht Streich kein schlimmes Vergehen auf Seiten seines Leverkusener Kollegen. „Kommt mit jetzt nicht mit Pädagogik und wegen der Kinder. Ha, Ha, Ha“, endet der an der Seitenlinie ebenfalls hoch emotionale 51-Jährige mit einem demonstrativen Lachen.

Streich erntet für seine Rede viel Zuspruch – und das zurecht. Denn Schmidt hat nichts getan, was nicht tagtäglich auf Fußballplätzen weltweit geschieht – nur wurde es eben dokumentiert. Dass dies keine Glanzleistung war und eine Verbannung auf die Tribüne in diesem Fall gerechtfertigt, ist unumstritten. Schmidt hat sich nun im Anschluss entschuldigt, Nagelsmann hat das angenommen und damit sollte die Angelegenheit erledigt sein. Denn so läuft es unter wahren Sportsmännern. Wer von vornherein einen Wettkampf ohne Emotionen sehen will, der sollte wohl besser mal beim örtlichen Schachklub vorbeischauen. Aber Vorsicht, den ein oder anderen Spinner dürfte man dort auch antreffen.

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