WM-Spezial – die Teams im FT-Check: Kroatien

In exakt einem Monat startet die Weltmeisterschaft in Brasilien. Zum Auftakt empfängt der Gastgeber aus Südamerika Kroatien. Im fußballbegeisterten Balkanland sind die Erwartungen wieder einmal hoch. Doch Trotz Stars wie Luka Modric und Mario Mandzukic ist der Glanz alter Tage im Team von Coach Niko Kovac verblichen. In der Vorrunde wartet eine echte Hammer-Gruppe auf die Jungs vom adriatischen Meer.

von Lukas Heimbach
6 min.
Kroatien @Maxppp

Zu gern schwelgt man im fußballbegeisterten Kroatien in Erinnerung an die Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich. Im Viertelfinale fegte der Balkanstaat im Stade Gerland in Lyon die DFB-Elf von Berti Vogts mit 3:0 vom Platz. Und auch wenn im Halbfinale gegen Frankreich (1:2) nach starkem Auftritt letztlich Schluss war, wird das damalige Turnier nach wie vor als fußballerische Geburtsstunde gefeiert.

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Umjubelte Helden damals waren etwa Davor Suker, Zvonimir Soldo, Zvonimir Boban oder Robert Prosinecki. Seitdem brachte Kroatien immer wieder vielversprechende Fußballer hervor, die die große Fußballbühne erobern sollten. An den Ruhm der Stars von 98 kamen die Stars von heute allerdings nicht mehr ran. Und auch in Brasilien wird den Kroaten eine Überraschung kaum zugetraut.

2010 blutete das kroatische Herz, als sich die Nationalmannschaft unter Coach Slaven Bilic nicht für die WM-Endrunde in Südafrika qualifizieren konnte. 2012 war in der Vorrunde Schluss. Umso erleichterter war man nach dem 2:0-Sieg im Relegations-Rückspiel gegen Island. In Reykjavík hatte es noch ein torloses Remis gegeben. In der Gruppe belegte die ‚Kockasti‘ Rang zwei, abgeschlagen hinter Belgien, aber immerhin vor Nachbar Serbien.

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Kovac fordert Ordnung

Ich will unbedingt wieder Ordnung schaffen“, gibt Trainer Niko Kovac die oberste Maxime vor. Damit spricht der ehemalige Bundesliga-Profis eines der Hauptprobleme der Balkan-Nation an. So verfügt der Nationaltrainer zwar über teilweise herausragende Fußballer wie Luka Modric von Real Madrid oder Mario Mandzukic vom FC Bayern, jedoch mangelt es oftmals an Disziplin und Teamgeist. „Wenn der Bauch zu oft entscheidet, ist das meiner Meinung nach schwierig“, so der 42-Jährige. Bezeichnend dafür ist auch die Personalie Josip Simunic. Der 36-Jährige Ex-Herthaner, aktuell bei Dinamo Zagreb beschäftigt, wurde von der FIFA für zehn Spiele – und somit die gesamte Weltmeisterschaft – gesperrt, da er nach dem Sieg gegen Island mit einem faschistischen Gruß auffällig geworden war.

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Entsprechend ist Kovac mit seiner Vorgabe gut beraten. Dennoch, so brillant Modric das Spiel der Kroaten auch lenkt, der schmächtige und schüchterne Spielgestalter ist alles andere als ein Leader auf dem Platz. Dem gesperrten Simunic oder Kapitän Darijo Srna ist diese Rolle noch am ehesten zuzumuten. Echte Typen wie der einstige Weltstar Davor Suker, derzeit Präsident des kroatischen Fußballverbands HNS, fehlen der ‚Vatreni‘.

Offensivstärke und fehlende defensive Stabilität

Taktisch lässt Trainer Kovac je nach Gegner variabel spielen. Gegen Island ließ er in beiden Partien eine sehr offensive Elf auflaufen. Allerdings setzte der 42-jährige Ex-Bayern-Spieler im Hinspiel auf ein 4-4-2, während im Rückspiel ein 4-5-1 bevorzugt wurde. Dass allerdings Modric und Ivan Rakitic die Doppelsechs bildeten, ist Aussage genug über die Ausrichtung der kroatischen Elf. Der Ex-Schalker Rakitic spielt beim FC Sevilla die Saison seines Lebens. Zwölf Tore und zwölf Vorlagen gelangen ihm diese Saison. Bei aller Offensivkraft der beiden Ballkünstler fehlt im Mittelfeld-Zentrum jedoch die Stabilität.

Wichtig ist zudem, Ersatz für Abwehrchef Simunic zu finden, der eine Lücke im Abwehrzentrum hinterlässt. Dejan Lovren (FC Southampton) oder der erfahrene Gordon Schildenfeld (Panathinaikos Athen) werden sich voraussichtlich um die vakante Rolle streiten. Die Verteidigung könnte grundsätzlich die Problemzone der Kroaten werden. Zwar verfügt man über jede Menge Erfahrung und eiserne Härte, allerdings ist die Abwehr in die Jahre gekommen und agiert oftmals etwas hüftsteif. Da dürften die Ballkünstler vom Zuckerhut sowie die schnellen Kameruner und Mexikaner nicht unbedingt gelegen kommen.

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Auf den Flügeln ist der zuletzt formstarke Bundesligaprofi Ivan Perisic (VfL Wolfsburg) sicherlich gesetzt und jederzeit für ein Tor gut. Im Angriff bieten sich mit den Bundesliga-Stars Mario Mandzukic und Ivica Olic sowie Eduardo da Silva (Shaktar Donetsk) mehrere Optionen an. Gut möglich, dass der laufstarke Olic auf als defensiv und offensiv starker Spieler auf dem Flügel zum Einsatz kommt.

Alles offen im Kampf um Platz zwei

Bei der WM wird Kovac mitnichten so offensiv spielen lassen wie gegen Island. Gerade zum Auftakt gegen Gastgeber Brasilien dürfte es ansonsten ein ganz böses Erwachen geben. Aber auch die anderen Gruppengegner Kamerun und Mexiko haben ihre Stärken insbesondere in der Offensive. Zudem dürfte Kroatien als einzige europäische Nation in Gruppe A trotz seiner Stars nicht unbedingt Favorit auf Rang zwei hinter Brasilien sein.

Trainer Kovac muss aus der Ansammlung von Einzelkönnern eine starke Einheit bilden. Zudem wird es insbesondere auf den bei Real Madrid zuletzt formstarken Modric ankommen. Das Weiterkommen ist möglich, mehr aber auch nicht. Im Achtelfinale warten voraussichtlich Spanien oder die Niederlande.

Die drei Stars

Luka Modric (28/Real Madrid): Wie bereits erwähnt ist der schüchterne Edeltechniker der Dreh- und Angelpunkt der ‚Kockasti‘. Nach Anlaufschwierigkeiten bei den ‚Königlichen‘ trumpfte der 28-jähirge Spielgestalter unter Carlo Ancelotti in dieser Saison groß auf. Offensichtlich beflügelt von Mesut Özils Abgang zu Arsenal ist der schmächtige Kroate als Architekt in Reals Mittelfeld-Zentrale kaum mehr wegzudenken. Insbesondere gegen den FC Bayern brillierte er im Halbfinale der Champions League.

Mario Mandzukic (27/FC Bayern München): Dass der Top-Torjäger des FC Bayern über internationale Spitzenklasse verfügt, hat er längst bewiesen. 2012 als Ersatz für Mario Gómez nach München geholt, biss sich der Mittelstürmer durch und war zum zweiten Mal in Folge bester Torschütze beim Deutschen Meister. Allen voran Juventus Turin würde sich gerne die Dienste des 27-Jährigen sichern, sollte dieser sich gegen die Herausforderung Robert Lewandowski entscheiden. Insbesondere in den vergangenen Partien, als Claudio Pizarro den Vorzug erhielt, wirkte der sture Kroate nicht sonderlich begeistert. Im Sturmzentrum der Kroaten dürfte er gesetzt sein, ob im 4-4-2 oder im 4-5-1.

Mateo Kovacic (20/Inter Mailand): Dem gebürtigen Österreicher gehört neben dem 17-jährigen Alen Halilovic die Zukunft im kroatischen Fußball. Überraschend schenkte ihm Kovac im Rückspiel gegen Island das Vertrauen im Offensiv-Zentrum hinter Mandzukic. Der Youngster wusste sich zu bedanken und nutzte seine Chance. Das 2:0 durch Srna bereitete er mustergültig vor und sorgte mit einem feinen Solo für Furore, das er letztlich jedoch nicht krönend abschließen konnte. Im Januar 2013 sicherte sich Inter Mailand die Dienste des 20-jährigen Mittelfeldakteurs. Elf Millionen Euro flossen damals an die kroatische Talentschmiede Dinamo Zagreb.

Die mögliche Aufstellung

Kroatien

Gruppe B:

Gruppe C:

Gruppe D:

Gruppe E:

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